Dienstag, 17. Februar 2015

Pizza, Pfeifen, keine Punkte


















Vorspiel
Erstes Heimspiel nach der Winterpause und schon muss man einen Tag Urlaub nehmen. Dadurch hab ich immerhin die Gelegenheit mit dem Langen vor dem Spiel ein Bierchen zu trinken, im Stadion kommt man ja nie richtig zum schnacken. Irgendwo in Stadionnähe was futtern, sich aufwärmen und vorglühen, kann bei den Temperaturen nicht verkehrt sein. Die Entscheidung fällt auf das Cento Lire in der Karolinenstraße, wenn man pünktlich zur Öffnungszeit da ist könnte man vielleicht auch Glück haben und einen Tisch ergattern. Außerdem wär der gut, da geht er schon seit 20 Jahren mit seinen Segelkumpanen hin während der Bootsmesse. Hunger habe ich eigentlich überhaupt keinen, aber vielleicht haben die Spaghetti con aglio olio e peperoncino auf der Karte, da suche ich immer noch einen, der das so gut drauf hat wie der Italiener in Peniscola.

Blöderweise öffnet die Trattoria erst um 18 Uhr, wir quatschen erst einmal eine gefühlte halbe Stunde bevor wir überhaupt etwas bestellen, außer Bier. Knobispagges gibbet leider nicht, der Lange ordert eine Pizza und da ich mich bislang nicht eine Minute mit der kleinen Speisekarte befassen konnte wähle ich kurzerhand auch einen der belegten Teigfladen. Der ist ziemlich lecker, kein Vergleich zu den üblichen Pizzalieferanten, aber langsam beginne ich panisch auf die Uhr zu schielen, ich hab immerhin nur einen Stehplatz. Der Lange beruhigt mich etwas, da am Montag öfter mal jemand fehlt ist die Chance auf einen Sitzplatz bei den Jungs durchaus gegeben. Zum Abschied gibt uns der Wirt noch eine Runde Grappa aus und gute Wünsche mit auf den Weg. Sehr sympathischer Laden. Sehr leckerer Grappa.

Wir wandern über das Heiligengeistfeld und stellen uns in die Schlange vor Block C, da brüllt uns der Dartmeister schon von oben die erfreuliche Nachricht entgegen: ich kann wechseln, ein Platz wär noch frei. Gott sei Dank, denn auf den Stehrängen ist es pickepackevoll, ich quetsch mich durch die Menge nach oben, nehme die Dauerkarte in Empfang und quetsche mich wieder zurück. Endlich auf meinem Sitz angekommen und die Begrüßungsarie überstanden geht es auch schon los mit der Singerei. Herz von Sankt Pauli und so.. ich reiß die Kamera raus um wenigstens ein paar Fotos von der Konfettiwerferei zu machen und kriege dabei überhaupt nicht mit, dass auf dem Nordkurvenbunker die fette Pyroshow abgeht. Verdammt! Wer guckt denn schon auf eine Baustelle?

Koch steht in der Startelf, hat seine muskulären Probleme hoffentlich im Griff. Verhoek für Budimir, nach dem Spiel in Sandhausen war das nötig. Ansonsten erwartbare Aufstellung mit Gonther und Sobiech in der IV, Schachten und Halstenberg außen, Ratsche, Thy, Sobota, Daube. Heute müssen wir eine Serie starten, drei Punkte, egal wie.

Hells Bells, Konfetti, ab dafür..

Spiel (1)
Was geht? Anstoß und gleich ne Ecke für Fürth? Powerplay oder was? Mein Sitzplatz hat eine Kommentarfunktion. "Wir müssen die Anfangsoffensive der Fürther überstehen. Das dauert nicht lange." Kurz darauf "Das gefällt mir überhaupt nicht." Ja, wen wunderts. Da sind erschreckende Lücken in der Aaaaaaaaaaah! Herzinfarkt! Seid ihr noch zu retten da unten? Die Fürther schlagen einen Freistoß in Richtung 16er und ein Spieler kommt da ungehindert ran. Glanzparade von Himmelmann. Tschaunerlike. Ich brech hier gleich zusammen.
Jetzt gehts mal in die richtige Richtung, Konter für uns, vier gegen zwei und mein Kommentator flippt aus, es wird geradezu lyrisch. "Viergegenzwei! Viergegenzwei! Vorbei, vorbei!" denn wir spielen das nicht richtig zu Ende, zu langsam, zu kopflos, Schachten verdaddelt. Mist. Dann ist Sobota im Strafraum durch, aber das Ding geht daneben, immerhin abgefälscht, Ecke für uns.
Oder was? Spielertrauben im Strafraum? Der Schiri zeigt auf den Elfmeterpunkt? Wie geil ist das denn. "Kann nur Hand gewesen sein" sagt die Sitzplatzkommentarfunktion, von hier aus natürlich nicht zu sehen. Immer noch Spielertrauben, drei Fürther sabbeln dem Linienrichter ne Frikadelle ans Ohr, was hat der scheiß Linienrichter damit zu tun verdammt? Der Schiri war ja wohl näher dran. Und keiner geht dazwischen, Boller hätte da einen weggeboxt und denen was erzählt, unsere Jungs gucken sich das an, der Linienvogel quatscht mit dem Schiri. Doch nur Ecke? Nix Elfer?

Ich fasse es nicht, was für Pfeifen da unten. Nach dieser Aktion sind alle erst einmal verunsichert, die Spieler und die Pfeifen sowieso, denn es kommt noch schlimmer. Der Freistoß aus den Anfangsminuten der Fürther wird einfach noch einmal versucht, aber keine Gefahr, das ist klar Abseits. Hallo? Hört mich jemand? Das war auf meiner Höhe, das war Abseits verdammt, wozu hast Du eine Fahne Du Vogel?  Die Fürther jubeln, wieso verdammt jubeln die? Das war ein verfixxtes Abseits, das hab sogar ich Blinder gesehen, und ich erkenne Abseits echt nur wenn der mindestens nen Meter Vorsprung hat, aber der Schiri sagt, es war Kacper Przybylko, es war kein Abseits und es steht 0:1.


Was für Pfeifen, echt mal. Sekunden später will Koch denen das zweite schenken, ein katastophaler Stockfehler, ein Fürther ist durch und Robin rettet uns wieder den Arsch. Ich bin schwer genervt. Die Sitzplatzkommentarfunktion verteilt Zeugnisse. "Daube ist ganz schwach heute." "Halstenberg ist auch schwach." Das zieht sich fast durch die komplette Mannschaft, nur Thy, Sobota und Sobiech werden verschont. Der Rest ist schwach, wahlweise harmlos, was angesichts unserer kaum vorhandenen Chancen und der anschließenden Nichtverwertung schlecht von der Hand zu weisen ist. Hab ich dem Langen aber schon weit vor dem Spiel gesagt, wir haben einfach keinen Knipser. Und keine Ideen. Es hat sich nichts verändert, neue Leute, neuer Trainer, alter Stiefel, keine Tore.

Dazu noch das Schirigespann, das weiterhin durch unglaubliche Entscheidungen auffällt. Der Mann pfeift sich einen Mist zusammen, das glaubt man kaum. Der Linienspacko sieht Abseitspositionen grundsätzlich nur bei uns, was mich manchmal wieder in Infarktnähe bringt weil Robin uns dadurch ein drittes Mal den Arsch retten muss. Dem Liri würde ich gerne einen Bierbecher an den Kopf werfen, Ausführung Edelstahl massiv. Die Hauptpfeife ist ähnlich drauf, der 10er der Fürther kann machen was er will, der senst unsere Jungs um wie er lustig ist, aber als Koch ihm mal die Grenzen aufzeigt gibt es natürlich die gelbe Karte. Was für ein Kackschiedsrichter, da ist ja Aytekin noch besser. Die Ränge sind inzwischen von "Schieber Schieber" auf "Hoyzer Hoyzer" umgestiegen, ich frag mich wo sie die Pfeifen ausgegraben haben, denn das ist eindeutig unterirdisch was die abliefern.

Das Gekicke geht mit 0:1 und gellenden Pfiffen für das Schiedsrichtergespann in die Pause, die letzte Chance von Ratsche in der lächerlichen Minute Nachspielzeit geht über den Knick. Wir können machen was wir wollen, das Ding geht nicht rein.

Zwischenspiel
"Ewald muss auswechseln, da läuft nichts zusammen."  Da bin ich mit dem Lange zwar einer Meinung, aber wen? "Daube auf jeden Fall. Der ist richtig schlecht. Budimir für Daube, mit zwei Stürmern spielen." Der Fachmann spricht. Gute Idee eigentlich, mit zwei Stürmern doppelt so viel Tore schießen. Leider macht zweimal null immer noch null, aber warum nicht? Auf jeden Fall Buballa für Halstenberg, Schachten ist allerdings auch nicht in bestechender Form. Eigentlich ist niemand in bestechender Form, gar nicht so einfach dieses Trainerspiel. Vor allem muss man als Trainer noch die Taktik im Auge haben, wenn ich nur wüsste welche gerade ausgegeben wurde von Ewald. Und ob die überhaupt jemand verstanden hat. Ausgegeben wird zunächst eine Runde Frischbier, der Dartmeister ist so nett und besorgt die Lage, damit wir uns verbal weiter dem sportlichen Elend widmen können - und dem Rest an Hoffnung, wir haben noch 45 Minuten Zeit das Ding zu drehen.

Spiel (2)
Keine Auswechslungen bei uns, soll das etwa so weitergehen? "Wenigstens Daube muss raus, der ist ganz schlecht" sagt der Lange. Dennis muss mindestens zwei Tore des Monats schießen bevor der wieder versöhnt ist, dabei fällt er unter der Resttruppe gar nicht weiter negativ auf. Man kann ihnen ja nicht vorwerfen sie würden es nicht versuchen, aber wie immer geht es nur bis knapp vor den 16er, danach ist Schluss. Ratsche verspringt der Ball, Sobota rennt sich fest, Verhoek köpft unbedrängt über das Tor, ein Bild des Grauens. Begleitet vom Abstiegsmantra neben mir: "Das ist schlecht, das ist ganz schlecht, jaaaa das ist gut, neiiin das ist schlecht. Ganz schlecht." Schlecht überwiegt eindeutig, noch eine halbe Stunde zu spielen. Ein Punkt muss drin sein heute, Ewald muss endlich wechseln.

Gott sei Dank ist Himmelmann auf der Höhe, denn die Greuther Konter sind gefährlich. Man glaubt gar nicht wie schnell Fußballprofis auf einmal rennen können, von unseren natürlich abgesehen. Wie der Koch in Richtung Seitenlinie trabt ist schon fast unverschämt, und was die Fürther da abliefern eine Frechheit sondergleichen. Sobald es brenzlig wird fällt einer hin und der miese Schiedrichter darauf rein, ein ums andere Mal. Die holzen, fallen und schauspielern was das Zeug hält, aber der einzige der von denen eine gelbe Karte bekommt ist ein Ersatzspieler, weil er fünf Meter zu weit auf dem Rasen steht und mit seinem Torwart sabbelt. Man muss Prioritäten setzen, wer weiß auf wen der Schiri gesetzt hat. Und wie viel. Vielleicht hat er auch nur seinen Zwillingsbruder geschickt, denn der wirkt derart hilflos auf dem Platz, der kann nicht einen Schiedsrichterlehrgang absolviert haben. In der Tresenliga hätte es längst Schlägereien gegeben auf dem Platz, die Profis reißen sich grad noch so zusammen.


Er könnte uns trotzdem nicht am Toreschießen hindern, das schaffen wir ganz alleine. Verhoek schießt vorbei, Verhoek verpasst den Ball, und wenn es tatsächlich jemand aus der Distanz versucht ist ein Fuß dazwischen oder das Ding geht in die Baustelle. Zwanzig Minuten noch und endlich wird der Lange erlöst, Daube geht vom Platz und zur Überraschung kommt Nöthe. Zwei Stürmer, doppelt so viel Tore, hurra. Wir kriegen drei Ecken hintereinander, aber nichts davon ist auch nur annähernd gefährlich. Wir müssten dreißig Ecken bekommen für die Chance auf den Ausgleich.

Zehn Minuten vor Schluss der letzte Strohhalm. Budimir kommt für Verhoek. Chancentod 1 raus, Chancentod 2 drin. Selbstredend wird es nicht besser, der Tag ist vollkommen verschenkt. Es fällt sogar noch das 0:2 und beinahe hätte ich mich darüber erschrocken, weil der Abseitspfiff erst eine gefühlte Minute später kommt oder von den Fürthern einfach ignoriert wird. Wir hätten im Cento Lire bleiben und uns besaufen sollen, das wäre sinnvoller gewesen. Und wärmer. Kurz vor Ende geht Lenny Thy, Maier kommt. Auch einer dieser jungen Leute, die sich hier entwickeln sollten und der so vielversprechend angefangen hat. Wir bekommen sogar noch einen Freistoß, aber was ihm am Anfang noch so gut gelungen ist geht heute daneben, der Ball segelt weit am Tor vorbei.

Fürth versucht weiter alles um das Spiel zu verzögern, von Krämpfen bis zur Auswechslung in der letzten Minute, das volle Programm. Einfach mal liegen bleiben bis die Pfeife pfeift. Macht er dann nach unglaublichen 3 Minuten Nachspielzeit, aber nach Schieber, Hoyzer, Pfeifkonzert war eigentlich klar, dass der uns heute gar nichts mehr schenken wird.

Nachspiel
Ewald zürnt mit den Schiris, die Jungs gucken sehr ratlos aus der Wäsche und das YNWA am Ende klingt fast so blutleer wie der Support heute, für ein Millerntorflutlichtspiel war das vergleichsweise nix, aber was soll man auch erwarten, nach einem Jahr Elendskickerei mit nur sehr wenigen Lichtblicken. "Auswärtssieg" skandieren einige ganz Verrückte laut, da bin ich dabei, schon weil ich dabei bin. Wobei mir nicht klar ist woran ich noch glauben soll, an die Mannschaft glauben ist schwer, aber an Wunder glauben ist eigentlich noch bekloppter. Der Lange jedenfalls, der mich zwei Stunden vorher noch um die Auswärtstour nach München beneidet hat, zieht seinen Neid wieder zurück. Kann ich ein wenig verstehen, aber heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage.

Angesichts der späten Stunde und der bescheidenen Temperaturen frage ich mich, ob die Tresenkurve noch auf ein Bier lauert, treffe aber weder in noch vor den Fanräumen jemanden an. Dafür klatscht mir die @diepauliane plötzlich von hinten derart auf den Rücken, dass mir fast das Bier wieder hochkommt vor Schreck. Diese verrückten Paulis immer, also echt mal. Wir seh'n uns in München. Auswärtssieg ;)


Fotos: Gegengerade Millerntor, klicken macht Fotos größer
Musik: Abyssinia Infinite - Zion Roots













3 Kommentare:

  1. Oh sorry, dein zartes Kreuz unter dem dünnen Lederjäckchen...wenn ich da da mit meiner Pranke zuschlage... :)
    In München halt ich meine Bärenkräfte im Zaum, versprochen!

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    1. Ich bin doch immer so sensibel wenn wir verloren haben *g*

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  2. Du hättest mit den Karten für München vielleicht bis nach dem Fürth Spiel warten sollen, oder willst du das Abstiegsdrama so richtig auskosten? Chancen sehe ich kaum noch, nachdem wir selbst gegen direkte Konkurrenten nur einen Punkt geholt haben.
    Auf nach Kiel und Sonnenhof-Großasbach.

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