Freitag, 17. Oktober 2014

Die Nummer 1 der Stadt

















Ein Abend im Vivendo gehört inzwischen zu den festen Ritualen (und Höhepunkten) des Portugalurlaubs und der ist natürlich auch in diesem Jahr fest eingeplant. So einfach wie früher ist es allerdings nicht mehr, dort einen Tisch zu bekommen, denn der weltbeste Chefkoch ist arg im Stress. Seit jemand den Anfang gemacht und das Vivendo mit (natürlich) 5 Sternen bei Tripadvisor ausgezeichnet hat, flogen ihm die Sterne nur so zu. Innerhalb weniger Wochen stand der Laden auf Platz 1 der besten Restaurants von Lagos, seither muss man reservieren und der weltbeste Chefkoch jeden Abend potentielle Gäste wieder wegschicken. Das böse Internet, in dem Werbung völlig überschätzt wird (deswegen gibt es immer noch keinen eigenen Webauftritt), kann einem das Prädikat "Geheimtipp" aber mal so richtig versauen. Und wie wir alle wissen: Was einmal im Internet zu finden ist, ist für immer im Internet zu finden. Der Zustand wird sich nicht mehr ändern, denn es wird nahezu unmöglich sein den Mann dort wieder zu verdrängen. Irgendwann werden andere Internetportale dazukommen und dann geht es dort zu wie in jedem anderen Spitzengourmettempel: Fragen sie doch in drei Wochen noch mal an. Hat er sich verdient. Und mir isses egal, ich hab ja Beziehungen.

Nachmittags im Bistro legt er mir die aktuelle Speisekarte vor, ich darf mal ankreuzen was mir schmecken würde und er macht sich ein paar Notizen. Ich könnte ein großes X auf die ganze Speisekarte malen, da gibt es nichts was mir nicht schmecken würde, selbst die Salate sind der Oberhammer. Nach diversen "Achs" und "Ooohs" stehen schon wieder acht Gänge auf seinem Zettel und bei den Desserts sind wir noch nicht einmal angekommen. Ich hätte vorher mit mir selber um jede Summe gewettet, dass er sich nach seiner letzten Aktion nicht mehr übertreffen kann, aber inzwischen bin ich unsicher. In der Küche ist für den Mann nichts unmöglich. Samstag dürfen wir anrollen, am besten schon um 19 Uhr, damit die Zeit reicht. Oh! Mein! Gott! Ich werde den ganzen Tag hungern! Ein Frühstück im Café Central vielleicht, danach ist Schluss. Auf keinen Fall wieder den Fehler begehen am Nachmittag ein Stück Torte zu essen, ganz egal welche Torte da vielleicht herumstehen mag. 

So habe ich dann am Abend auch ein ordentliches Loch im Bauch als wir losfahren. Yaaaay, auf in den Kampf, nur noch kurz tanken und los...
...geht es nicht. Leider fängt die Karre nach wenigen Kilometern an komisch zu ruckeln. Das Leihfahrzeug einer guten Freundin ist ein Honda Civic Diesel, flache Flunder mit reichlich Pferdestärken. "Hast Du Diesel getankt?" frag ich die weltbeste Gastgeberin. ""Ähhhm, ja." klingt es etwas unsicher zurück. Nach wenigen weiteren Kilometern ruckelt es schon arg und der Blick auf die Tankrechnung sagt was von Super. Na Super. Kann die Karre leider überhaupt nicht mit umgehen, wir müssen im Restaurant absagen und dafür einen Abschlepper bemühen, der das Ding zu Vaddern in die Walachei schleppen soll, Vaddern bastelt viel an Autos, der kann es vielleicht richten.

Jeder deutsche Abschleppdienstfahrer hätte uns einen Vogel gezeigt bei der Strecke, aber in Portugal ist das normal, wer hier außerhalb der Stadt wohnt hat keine Straßen, nur Feldwege. Portugiesische Feldwege, mit allem was dazugehört, Haarnadelkurven an den engsten Stellen, Gefälle und Steigungen von Unglaublichvielprozent und Schlaglöcher von Mondkratergröße. Der Grund, aus dem uns die gute Freundin ihre flache Flunder geliehen hat, die braucht jetzt einen Jeep um zu ihrem neuen Haus zu kommen.

Tja, so bin ich dieses Jahr um das wahrscheinlich wieder einmal weltbeste X-Gänge Menü des weltbesten Chefkochs gekommen, aber das ist nur aufgeschoben. Da uns die kleine Prinzessin angesichts unseres herben Verlustes versprochen hat, nächstes Mal dürften wir dafür zwei Abende essen gehen, werden wir dann zusätzlich das Restaurant der besten Freundin mit dem kaputten Diesel aufsuchen. Rein zufällig auch die Nummer 1 der Stadt, nur halt in Silves.

Beileidsbekundungen sind nicht nötig, eher an die Adresse der weltbesten Gastgeberin, für das ganze Pech dass ich anscheinend dieses Jahr gebracht habe. Tut mir echt leid, ich versuch es wieder gut zu machen. Eine frische Mango vom Mangohändler des Vertrauens ist für ein (mit solchen Sachen nicht gerade verwöhntes) Nordlicht auch schon ein Erlebnis. Jetzt mag ich hier nur keine mehr essen, taugt alles nix.



Taugt, denn da waren die noch richtig gut: Queen - Live at the Rainbow '74









10 Kommentare:

  1. armer kerl, musstest du etwa hungrig ins bett? *fg*
    wie du immer sagst, man muss die positiven seiten sehen. nach zehn gängen wäre der sitz bei ryan etwas eng geworden.

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    1. Ich muss Dich enttäuschen, Vaddern war gerade beim Nachbarn eingeladen (Hamburger und rein zufällig St.Pauli Fan der sofort meinen Ohrring bemerkte) und dessen mexikanische Freundin hatte reichlich aufgefahren, Guacamole, Chili, Reisgedöns, Salate und: Mole Poblano! Davon hab ich dann auch zweimal genommen *g*
      Nix mit hungrig ins Bett *g*

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  2. *autsch*

    na, was zu essen gabs schon noch, nur eben mexikansiche hausmannskost statt sternegastronomie :-p

    ich fühl mich immer noch mies, was war ich froh als ich die karre endlich abgeben konnte

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    1. Nuja, aber dieses Schoko-Chili-Hähnchen fand ich schon ziemlich geil. Haste das inzwischen mal nachgebastelt?

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    2. näää, tatsächlich hab ich mich erst anlässlich dieses beitrags wieder dran erinnert....
      demnäxt in diesem theater, zur zeit hab ich soviel andere sachen am hals, da bleibt keine zeit zum kreativ werden

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  3. Schoko-Chili-Hähnchen kann Frau waas auch.
    Aber alleine deine Fotos machen mich leicht hungrig ~~~~

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    1. Da ist doch außer Mangos und ein paar anderen Früchtchen nix zu sehen, lange nichts gegessen? *g*

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  4. Ein Frühstück im Café Central?
    Ahja Du hast halt so Deine festen Muster ist ja hier im Regenwald auch immer angesagt^^

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    1. Der Name ist wahrscheinlich nicht gesetzlich geschützt, außerdem habe ich recht gute Erfahrungen mit dem Frühstück der Zentralcafés gemacht *g*

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