Dienstag, 23. Juli 2013

Hamburgs romantische Ecken
















Die Anzeige im Auto sagt 32°, der meint sicher die Außentemperatur, in der Karre sind es locker 10 mehr. Vielleicht sollte ich die Klimaanlage doch reparieren lassen, zumindest einen Kostenvoranschlag könnte man sich geben lassen. Andererseits ist das Hamburger Wetter sehr zuverlässig unzuverlässig, wenn ich endlich einen Termin habe regnet es bestimmt wieder und früher bin ich schließlich auch ohne Klimaanlage ausgekommen.

Den strahlenden Sonnenschein am Sonntag muss ich ausnutzen, wer weiß wie viele solcher Tage folgen. Für Aufnahmen mit ND Filter habe ich mir Schleusen und Fischtreppen ausgesucht, Hamburgs kleine Wasserfälle. Anfangen will ich am idyllischen Schleusenredder in Duvenstedt, doch der Platz ist besetzt. Auf den Steinen sitzt eine knapp bekleidete langbeinige Nixe, spritzt neckisch mit Wasser und wirft ihre langen Locken in den Nacken. Grund für diesen Zirkus ist ein Mensch mit professioneller Fotoausrüstung. Alles dabei, was man so braucht um mich zu beeindrucken, sogar einen großen Reflektorschirm baut er auf. Welchen Effekt der im Schatten haben soll ist mir zwar nicht klar, aber da ich keine Ahnung vom Knipsen habe frag ich lieber nicht, man will sich ja nicht gleich als blutiger Amateur outen.

Ein paar Meter oberhalb liegt eine versteckte Fischtreppe, um nicht zu stören kümmere ich mich erstmal um die, störe aber schon wieder. Ein von der Fauna nur spärlich verdecktes spärlich bedecktes älteres Paar, das sich dort wahrscheinlich in aller Ruhe sonnen wollte. Nicht direkt in Schussrichtung meiner Kamera, aber ich bemerke, ich werde beäugt. Nach einigen Minuten richtet er sich halb auf. "Drehn Sie 'nen Film?" "Nee, ich mach nur Fotos." Aha. Er sinkt wieder zu Boden. Dann fällt ihm noch was ein. "Digital?" "Ja."
Wär analog jetzt besser gewesen? Man weiß es nicht. Vielleicht sind analoge Fotografen schneller verschwunden, so ein Film hält ja nicht ewig. Sie entscheiden sich für den Abbruch des Sonnenbades, es war ohnehin schon recht schattig in der Ecke, wird also nicht an mir gelegen haben.

Das Model sitzt inzwischen auf einem anderen Stein und taucht ihre langen Beine in das kühle Nass, dadurch wird der obere Teil des Baches frei für meine Experimente. Zwischenzeitlich huschen beide an mir vorbei, um sich ihre Klamotten zu holen. Der Profi rücksichtsvoll hinter meinem Rücken, während Madame mehrfach an meiner Linse vorbeistöckelt. Das stört bei Langzeitbelichtungen zwar nicht wirklich, dennoch habe ich das ungute Gefühl, dass sie davon nicht den Hauch einer Ahnung hat.

Kaum bin ich mit meinen Aufnahmen fertig, ziehen sich die beiden auf die andere Seite des Gewässers zurück. So langsam beschleicht mich das Gefühl, ich treibe die vor mir her. Ist mir aber völlig egal, denn dadurch bekomme ich den unteren Teil der Biegung des Baches.

Als ich nach einer Stunde gehe denk ich mir, für romantische Arrangements wäre das eigentlich eine perfekte Ecke. Nur leider viel zu viel los da.

Außerdem bräuchte man noch etwas romantische Musik, also nicht unbedingt Los Lobos - Live At The Fillmore/Kiko





11 Kommentare:

  1. War da nicht noch was mit kurzen Hosen und zerstochenen Beinen ? *fg*

    Aber das is jetzt grad nen Insider, obwohl ich nicht dabei war. ;-)

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  2. Eine Handreichung vom blutigen Amateur zum blutigen Amateur *ggg*
    Je gleichmässer das Umgebungslicht, desto besser der Effekt. Also harte Kontraste zwischen Schatten und hellem Himmel an besten vermeiden.
    Schöne Fotos.

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    1. Und dafür braucht man einen Reflektorschirm? Was soll der an Licht reflektieren im Schatten?
      Bei meinen Fotos hätte ich dann ganze Batterien an Reflektorschirmen haben müssen. Oder die Fotos nachbearbeiten, aber dafür war ich grad zu faul.

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    2. Reflektorschirm? Nee, nehmen wir z.B. Foto 1. Da könnte man einen Ausschnitt wählen, beispielsweise ist da eine Wasserstelle ziemlich in der Mitte des Fotos, das ragen einige Steine aus dem Wasser. Dieser Ausschnitt hat eine gleichmässige Beleuchtung. Das Wasser verwirbelt sich um die Steine. Das hätte mit Sicherheit eine schöne stimmungsvolle Komposition ergeben. (Siehe http://herraermels.blogspot.com/2013/07/dies-und-das-von-allem-was.html - Foto 2)
      btw: wenn du dir mal die typischen Waldfotos mit rieselnden Bächen anschaust, da sieht man kaum Himmel und wenn, dann wurde der bei Entwicklung heftig abgewedelt.

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    3. Ja, das schwebt mir vor. Mit Wald und bemoosten Steinen. Gibt es in Norwegen an jeder zweiten Ecke, aber hier eher nicht. Hab aber trotzdem welche gefunden, siehe Fortsetzung ;)

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  3. das wasser sieht sehr merkwürdig aus, wie gegossenes blei, irgendwie unnatürlich. ob mir das gefällt weiß ich noch nicht, baden würde ich da kaum.

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    1. Also mir gefällts nicht. Muss ich gestehen, ich denke so ein Bächlein sieht bei kurzen Belichtungszeiten besser aus, zumindest 30 Sekunden sind zu viel. So wirklich glücklich bin ich mit den Fotos vom Bach nicht geworden, bisher fand ich den Effekt nur bei Wasserfällen richtig gut.
      Vielleicht sollte ich mal nach "was man mit Graufiltern noch alles machen kann" googeln *g*

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    2. Oder jemanden fragen, der sich damit auskennt. *g*
      Den Herrn Ärmel z.B. ?

      ;-)

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    3. Mit Graufiltern geht mehr als "Wasser zu Blei" zu machen. Leider verrät Tante Guurgel da nichts. Halt: doch, man Menschen verschwinden lassen. Leider nur, die sich ohnehin aus Foto bewegen. Wer auf einer Bank sitzt wird trotz Graufilter fotografisch festgehalten, das schreiben die "Ratgeber" aber nicht dazu.
      Effekte, die durch den Wind entstehen, da bin ich aus Zufall sobst drauf gekommen, habe ich vorher auch nirgends gefunden. Was mir aufgefallen ist, dass viele Begeisterte mit sehr starken Graufiltern angefangen haben. Ich habe bei meinem neuen (ND64) bemerkt, dass offenbar ganz zarte Effekte möglich sind. Zum Beispiel die Kontrastreduktion am Strand. Man kann dann mit 1/50sek. bei Blende 8 aus der hand fotografieren.
      Also: Mal Wasser lassen am nächsten Wochenende und in die kreative Versenkung gehen. Will ich bei nächster gelegenheit auch mal wieder tun.

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    4. Ja, Menschen verschwinden lassen geht. Hab ich ausprobiert, nebenbei beim Eis essen ne recht belebte Kreuzung 30 Sekunden belichtet. Dann hat man eine Kreuzung ohne Menschen und Autos.

      Toll :D

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