Donnerstag, 6. Dezember 2012

Das Leid mit den Genüssen














Vor ein paar Jahren noch hab ich recht häufig am Herd gestanden und auch viel experimentiert dabei, mir Kochbücher aus Louisiana besorgt, Blackened Catfish, Gumbo, Jambalaya und Dirty Rice zusammengebrutzelt, bin durch die halbe Stadt gefahren um seltene Zutaten zu besorgen. Wenn ich irgendwo etwas leckeres gegessen habe war ich hinterher drauf aus, das zu Hause ähnlich oder sogar besser hinzukriegen. Nach einer Sendung über Bewohner der Halligen musste ich eine Stunde frische Krabben pulen, weil ich wenigstens einmal im Leben hausgemachte Krabbenfrikadellen essen wollte. In den jährlichen Urlauben in Dänemark jedes Jahr etwas neues für die Jungs auf den Tisch gebracht, jedenfalls in den Tagen zwischen den immer verlangten Klassikern und den Massenabspeisungen mit Chili con Carne oder Tortellini. Sogar mit Labskaus hab ich sie mal geschockt.

Davon ist in letzter Zeit nicht viel übrig geblieben, wenn ich genau überlege seit gut drei Jahren. Eine Ursache könnte meine Holde sein, die immer zu wenig Zeit hat und daher lieber auswärts essen geht wenn sie in Hamburg ist. Wobei ich von einer Zeitersparnis nicht sehr überzeugt bin, es sei denn ich müsste gleichzeitig eine frische Finkenwerder Kutterscholle mit Biokartoffeln und das Filet vom Salzwiesenlamm zubereiten, dann wird es eng. Lösungsansatz: Eine Frau suchen, die mehr Zeit und weniger extravagante Wünsche hat. Kommt aber nicht in Frage.

Eine weitere Ursache wäre mein Job, der mir ähnlich wenig Freizeit lässt, was leider zu weit mehr "Convenience Food" geführt hat, die Industrie hat sich da wunderschön auf Singlehaushalte eingestellt. Man muss heute nicht mehr zur Dose Ravioli greifen, Thai Chicken aus dem Tiefkühlbeutel oder Penne Arrabiata, wenn man nicht einmal mehr Zeit für Nudeln hat, wer etwas anspruchsvoller ist streckt das mit einer Packung Scampi, fertig ist das Mittagessen. Nachwürzen und verfeinern kann man immer noch, Zeitersparnis ist heutzutage alles, man muss die knappe Freizeit straff organisieren. Einkauf frischer Lebensmittel, langwierige Vorbereitungen, Küche wieder aufräumen, Herd, Töpfe und Pfannen säubern, für mich alleine? Die letzten zwei Tage war Party und Fußball angesagt, ich muss wenigstens einen Tag chillen am Wochenende, danach ist wieder Schicht.

Wenn der Heißhunger kommt auf Frikadellen, Rouladen, Gulasch und all diese speziellen Dinge, die nur aus der eigenen Pfanne richtig gut schmecken, dann raff ich mich schon mal auf, aber diese Tage sind rar geworden. Bisher hab ich es noch nicht einmal geschafft mit meiner Enkeltochter Inchs Kokosquarktaschen zu backen, dabei ist bald Weihnachten. Lösungsansatz: Weniger arbeiten, mehr Freizeit haben. Leider unrealistisch und ich bin auch nicht sicher, ob das wirklich Wirkung zeigen würde.

Die dritte mögliche Ursache könnte die nähere Bekanntschaft mit dem Chefkoch gewesen sein, es kann schon demoralisieren wenn man feststellt, dass man in der Küche mit dem dreifachen zeitlichen Aufwand nicht einmal annähernd ein ähnliches Ergebnis bekommt, weil man als Amateur essenzielle Dinge nicht beherrscht. Nun bin ich nicht so vermessen mit einem Meister dieser Kunst konkurrieren zu wollen, aber wenn seine holde Gattin selbst aus den Resten vom Vortag  ein Essen zaubert, das man nicht einmal geplant hinkriegt, dann hält man sich irgendwann doch für einen Kochlegastheniker. Lösungsansatz fällt mir keiner ein.

Überhaupt ist jeder Lösungsansatz ein zweischneidiges Schwert, ich müsste wieder an den Herd. Will ich das überhaupt?

Wenigstens bei Pfannkuchen bin ich noch konkurrenzfähig, wie mir recht oft bestätigt wurde, aber was macht man im Herbst und im Winter, wenn es keine Pflaumen gibt? Ganz einfach: Pangalaktischen Pfannkuchen aka Crêpe Suzette für Arme. Das kriegen auch Kochlegastheniker hin.

Orangenfüllung herstellen: Bittere Orangenkonfitüre, möglichst hochwertig, einen ordentlichen Schuss Cointreau rein und mit der Gabel zu einer homogenen Masse verarbeiten.
Pfannkuchenteig herstellen, Eier, Mehl, Milch, Prise Salz, Zucker. Mengenangabe wie immer fnS.
Pfannkuchen backen, umdrehen und mit der Orangenmasse bestreichen, wenn der Lappen durch ist, zusammenklappen und auf einen Teller rutschen lassen, mit dunkler Schokoladensauce verzieren, fertig. Macht auch die Küche fast nicht dreckig und ist eine vollständige Mahlzeit, garantiert. Außer für Herrn L. vielleicht, dem würde ich zwei davon zutrauen.

Genussmusik: Ian Hunter & The Rant Band - When I'm President

14 Kommentare:

  1. *gg*

    soll das heissen, du willst das nächste mal nicht von ihm bekocht werden?? nicht das du noch mehr demoralisiert wirst..

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    1. In dieser Hinsicht bin ich wohl masochistisch veranlagt, ich würde jede Möglichkeit ergreifen mich wieder demoralisieren zu lassen.

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  2. was verplemperst du auch regelmässig deine (kostbare) Zeit bei irgendwelchen Fussballspielereien und auf krawalligen Musikveranstaltungen :-P

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    1. Alles Ersatzbefriedigungen seit ich auf Diät bin *g*

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  3. Er verplempert sogar zuweilen seine Zeit in Regionen, wo es nicht einmal ein anständiges Frühstück vor 15-16 Uhr gibt; wenn überhaupt ! ;-p

    Geht mir aber auch öfter so. *g*

    BTW, das Gumbo seinerzeit war übrigens ziemlich gut, Digger.
    Was gibts denn diesmal zum Fescht ? :-)

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    1. Hab ich mir noch nicht überlegt. Vielleicht sollten wir einen Besuch des Freudenhauses ins Auge fassen, es gibt aber auch einen neuen Libanesen in der Stadt.
      Selber kochen nur, wenn mir etwas unkompliziertes einfällt. Currywurst oder so *g*

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    2. Libanon hört sich gut an. ;-)
      Aber bitte keine gekochte Wurst ! *fg*

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    3. Ich hätte noch eine Dose Saumagen, ausreichend für 3-4 Personen. Das ist für de Notfall, falls ich kein Gallowayfleisch bekomme bis dahin.

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  4. kann man den pangalaktischen pfannkuchen auch mit was anderem als orangenmarmelade machen? ich mag keine bittere orangenmarmelade. die schokosoße kann bleiben :)

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    1. Kann man schon, aber dann ist es kein pangalaktischer Pfannkuchen mehr.

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    2. Grapefruit-Marmelade? *gg*

      P.S. Wenn man ein, zwei Handvoll Haferflocken mit in den Teig schmeißt (vorm Verbraten 'ne Weile stehen lassen, dann noch mal durchkneten), wächst die Chance, dass auch ein L. (unbekannterweise) satt wird. Ist dann aber weniger Crêpe, eher so dicker, fetter Pfannekuchen. Da dann Schmand drauf, Speck mit Frühlingszwiebeln, Paprika, Tomate… ich glaub ich weiß, was ich heute Abend esse (yummi). :)

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    3. Grapefruitmarmelade wäre eine ganz ausgezeichnete Wahl, leider eine eher seltene und schwer zu findende Sorte.

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  5. Eierkuchen sind auch bei uns ein beliebtes Rezept, das Kleine Kind lädt gar zu Eierkuchenparties ein bzw wird nach der nächsten gefragt, wenn zwei Monate keine statt fand.
    Das beste, man kann die Dinger mit so gut wie allem füllen. Z.B. Spinat, Speck, Käse. Ist dann natürlich nicht pangalaktisch, aber bei uns gibts die Pfannkuchen ja eh beim Bäcker :D
    Übrigens Lösungsansatz: Als vollberufstätige zweifache alleinerziehende Mutter habe ich mir eine Sammlung schnell und einfach zuzubereitender, aber leckerer Rezepte zugelegt. So über die Jahre. Jetzt habe ich zwar alle Zeit der Welt, aber wozu lange in der Küche stehen? Und da ich auch früher gern auf Vorrat gekocht habe (das Große Kind kam mittags aus dem Sportgymnasium, aß Mittag und ging zum Training), sind fast alle fertigen Gerichte gefrierfähig. Das hülft mir heute wieder, wenn ich alles, was zu viel ist, portionsweise einfriere. Den Kindern hülft es auch, wenn sie meinen Gefrierschrank entern und Lieblingsessen finden ;)

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    1. Auf Vorrat kochen kenn ich auch, Gulasch für drei Tage, am letzten Tag gibt es dann Szegediner :D
      Im Einfrieren bin ich ganz schlecht, weil ich ein Jahr lang vergesse das wieder aufzutauen und es dann entsorgen muss.

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