Donnerstag, 12. Oktober 2017

Sa Calobra












Der erste Aufenthalt auf Mallorca muss deutlich über vierzig Jahre her sein, Cala Figuera mit der ersten großen Liebe und endlich ein Doppelzimmer ohne irgendwelche Eltern auf der anderen Seite, schon klar wo man da seine Prioritäten setzt. Dennoch brauchte ich unbedingt einen fahrbaren Untersatz, wenigstens für einen Tag, denn nur auf ungefähr der Hälfte aller Ansichtskarten in Cala Figuera waren Fotos dieses hübschen kleinen Fischerdorfes, die gefühlt andere Hälfte zeigte eine gewaltige Schlucht durch die Berge der Serra de Tramuntana, die irgendwo an einem Strand einer malerischen Bucht endete. Sa Calobra. Da musste ich hin.

Der Torrent de Pareis, der durch diese Schlucht fließen soll, hat sich damals schon als etwas größere Pfütze vor dem Strand herausgestellt und "fließt" wohl auch hauptsächlich im Winter, wenn es öfter regnet, aber allein die steilen Serpentinen mit Steigungen bis zu 11.5% zu fahren macht Spaß ohne Ende, vom großartigen Ausblick ganz abgesehen. Muss ich auch diesmal wieder hin, gar keine Frage.   

Die Abzweigung nach Sa Calobra ignorieren wir allerdings vorerst und bleiben auf der Panorama-Route MA-10, denn in nur wenigen Kilometern Entfernung befindet sich der nächste offizielle mit (wenig) Parkplätzen ausgestattete Panoramapunkt, der Cova des Mirador de s'Entreforc, mit Blick auf das Gebirge und die "Rückseite" der Schlucht. Zurück auf dem Weg nach Sa Calobra haben wir Glück, dass uns auf der Strecke nur noch ein einziger Reisebus begegnet, vor den Stoßzeiten des Reisebusverkehrs wird hier sogar auf Straßenschildern gewarnt.

Dafür muss man laufend auf bunt gekleidete Reklameträger Radsportler aufpassen, die in Schräglage gerne mal ihre Birne samt Actioncam in die Gegenfahrbahn halten, möglichst paarweise in möglichst unübersichtlichen Kurven pausieren um Selfies zu machen, oder die Namen und Heldentaten ihrer Radsportgruppe mit bunter Kreide auf die Fahrbahn malen. Soviel geballter Dummheit auf zwei Rädern wie an einem Tag Mallorca begegnet man selbst in einer Großstadt wie Hamburg im ganzen Jahr nicht.

Am höchsten Punkt, dem 723 Meter hohen Coll dels Reis, bekommen wir außer Panoramablick in alle Richtungen auch noch kalte Getränke, lecker belegtes Brot und ganz fantastische Oliven, bei denen ich mich immer frage, warum man so fantastische Oliven nicht auch in Deutschland bekommen kann. Möglicherweise liegt das aber auch nur an der geschmacksintensivierenden Urlaubsstimmung und die Oliven können gar nichts dafür.

Nach etwa fünfzehn Minuten Schlangenstraßenfahrt sind wir von 723 wieder fast auf Meereshöhe, von der Schlucht trennt uns nur noch achthundert Meter Fußmarsch, plus die zweihundert vom Parkplatz. Es ist Spätnachmittag, es ist heiß und in den feuchten und engen Tunneln, die man in den letzten 25 Jahren für die Touristen in die Felsen gesprengt hat um den Weg etwas abzukürzen, ist es stellenweise aalglatt.

Dafür hat der Pappenheimer weder das richtige Schuhwerk noch die nötige Kondition und außerdem viel zu viel Durst, kurz vor dem Ziel wirft er das Handtuch und marschiert zurück, in die nächste offene Bar am Hafen. Muss ich halt alleine weiter, zweimal bin ich bisher bis zum Strand gekommen, im dritten Anlauf will ich es jetzt endlich schaffen und ein paar Meter in diese Schlucht reinlaufen. Nur mal reingucken und wenn es ganz toll ist vielleicht etwas weiter gucken, was die Kondition noch hergibt.

Über die muss ich mir allerdings keine weiteren Gedanken machen, denn nur hundert Meter weiter endet die Treppe direkt im Torrent de Pareis, der durch das Gewitter vor ein paar Tagen tatsächlich Wasser führt. Zefix. Während ich noch über eine Möglichkeit grüble das Hindernis zu umgehen, entledigt sich ein Tropenhutträger neben mir kurzerhand seines grobstolligen Wanderschuhwerks, watet durch den steinigen Bach auf die andere Seite, trocknet sich mit einem Handtuch aus seinem großen Rucksack ab, zieht sein Schuhwerk wieder an und geht weiter. Bewundernswert, diese Naturburschen. 

Aber doof, denn nur wenige Augenblicke später steht er vor dem nächsten nassen Abschnitt und seiner Körpersprache nach zu urteilen ist dieser bedeutend größer, er macht jedenfalls keine Anstalten erneut zum Barfüßler werden zu wollen. Noch ein Ausflug geplatzt.

Wenn Naturburschen das schon nicht gebacken kriegen, dann kann ich auch zurücklatschen und mit dem Pappenheimer was trinken. Mit Kirchen und Schluchten hab ich einfach kein Glück, morgen versuch ich's mal mit 'nem Kloster.


Fotos dazu: Cova des Mirador de s'Entreforc (1,3,4,5) Coll dels Reis (6-10) Sa Calobra, Torrent de Pareis / Nikon D7200
Getränk dazu: Martin Miller's London Dry Gin, Ingwer, Limette, Schweppes Dry Tonic
Musik dazu: BoDeans - Homebrewed, Live from the Pabst






















10 Kommentare:

  1. Numero 4,9,11 und 13 sind meine Favoriten. Ich war zwar noch nie auf Mallorca aber von den französischen Seealpen und vom Schwarzen Berg her meine, ich dass der mallorqinische Kalk auf Deinen Fotos vielleicht ein wenig blaustichig ist. Man siehts teilweise am Blau des Himmels.
    Das macht aber nichts weiter, Du hast ohnehin was viel schlimmeres angerichtet. Ich werde neugierig auf die Insel.
    Ich kannte bloss die Horrorstories vom Ballermann. Und die Geschichte von George Sand mit dem durchdrehenden Frederic Chopin ist auch nicht ohne. Deshalb dachte ich bisher: kann ich gut drauf verzichten.
    Deine fotografischen Eindrücke sprechen aber eine andere Sprache...

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    1. Ja, der Herr Chopin ist auf der Insel auch allgegenwärtig, obwohl er dort so lange ja gar nicht residiert hat. Wenn man sich in Valldemossa anguckt wie die beiden im Winter dort "gewohnt" haben kann ich das aber nachvollziehen, da wäre ich wohl auch durchgedreht *g*

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  2. Werter Herr Ärmelherr...
    Meinereiner war bis dato auch noch nie auf dieser Insel.
    Ebenso vorurteilsbehaftet, wie beschrieben.
    Gottlob eines Besseren belehrt worden. Atemberaubend schön, da.
    Man/Frau sollte nur dringendst die "duweißtschon" meiden.
    ;-)

    Grüße vom Pappenheimer

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    1. Wobei das auch nur blanke Theorie ist, schließlich wissen wir beide nicht wie "duweißtschon" eigentlich so ist, soll ja Leute geben die auch davon schwärmen ;)

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  3. oh, Du bist mit dem Pappenheimer auf Mallorca? Was frau alles verpasst, wenn sie selbst maaal in den Urlaub fährt...
    LG, Inch

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    1. War, nicht bin ;). Leider schon wieder Vergangenheit...

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  4. wirklich traumhafte landschaften. sa calobra sind wir vor jahren mal mit dem bus hin, aber auf solchen ausflugstouren sieht man nicht einmal die hälfte. die busfahrt selber war aber sehr abenteuerlich *g*

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    1. Warum macht man so etwas? So ein Busausflug mit zwei Leuten kostet doch sicher auch 30 oder 40 Euronen, dafür gibt es auch schon einen Leihwagen. Inklusive Sprit, so weitläufig ist die Insel ja nicht.

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  5. Direkt mal etwas das ich kenne, bis in die Schlucht habe ich es aber auch nicht geschafft. War damals auch schon mehr was für Wanderer mit Tropenhut *g*

    Gruß, N.

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    1. Wahrscheinlich muss man für die wirklich coolen Ecken auch mehr als nur kurz gucken, das ist sicher eher was für Wanderer. Ich hab aber keine Ahnung ob man die Schlucht überhaupt zu Fuß durchqueren kann.

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