Sonntag, 31. Juli 2016

Auf Weltmusiksuche #Altonale 2016
















Normalerweise hab ich auf der Altonale einen Plan, wer spielt wann und wo und wen davon will ich unbedingt sehen. In diesem Jahr wird das gleich dreifach erschwert, mir bleibt nur der Sonntag, ich kenne nicht eine der Bands an diesem Tag - und ich bin nicht alleine, außer mit meinem Musikgeschmack.

Wie üblich hat die restliche Meute nichts gegessen, damit man sich auf der Straße ungehemmt allerlei Spezialitäten hingeben kann. Schnöde Bratwurstbuden haben in Altona keine Chance, die größten Schlangen bilden sich hier immer vor den privaten Initiativen und sozialen Institutionen, die für wenig Geld authentische Speisen anbieten, oder vor den bekannten Restaurants im Viertel. Die Damen vom türkischen Kulturverein kneten und backen Gözleme am Fließband, gegenüber grillen die Männer Kebabfrikadellen auf Holzkohle und verpacken sie, zusammen mit reichlich Schafskäse, Salat und Sauce in frisch gebackener Pide.

Hier duftet es überall derart verführerisch, dass man sich schwerlich entscheiden kann, an welcher Schlange man sich zuerst anstellen soll. Bei den Portionen ist aber ziemlich sicher, das die erste auch meine letzte sein wird, folglich verzichte ich vorerst gänzlich und gehe eine Runde fotografieren, bis die Mägen meiner Begleiter gefüllt sind. Die brauchen danach natürlich noch etwas zum runterspülen, die Damen fallen völlig begeistert über eine "Kussbude" her, in der furchtbar bunte und wahrscheinlich sehr süße Schichtschnäpse angeboten werden, vom harmlosen Haselkuss bis hin zum Blowjob, der wär dann mit Sahne.

Es gibt echt Frauen, die lachen sich darüber tot. Oder kichern zumindest verschämt. Ich kann mir allerdings auch welche vorstellen, die ihm dafür die Bude abfackeln würden, but Alice Schwarzer doesn't live here anymore. Bisher scheint das Geschäftsmodell aber zu ziehen und die Kundschaft ist, zumindest in den zehn Minuten die wir da stehen, ausschließlich weiblich.

Auch danach ist noch keine Musik in Sicht, geh mit Frauen auf eine Veranstaltung auf der es Klamotten und Glitzer gibt, haste keine Chance. Hiermaguckendamagucken, ach wie schön, ach wie schick, ach wie günstig. Noch günstiger geht kaum, es sei denn man stellt sich unter die Rabattdusche und lässt sich nass machen, dann gibbet nochmal 30% auf allet.. und natürlich muss das sofort jemand ausnutzen. Bei dem Wetter und der eigenen Bude zwei Straßen weiter hätte ich das möglicherweise auch gemacht, aber eigentlich will ich MUCKE. Verdammt!

Die bekomme ich auf der Elbemeile, es ist ausgerechnet Vocal Jazz, der natürlich sofort auf Protest bei den Kostverächtern stößt, das könnt man ja auf Dauer nicht aushalten. Meine Fresse, eine der beiden Damen heißt sogar Herbolzheimer, wenn das kein Qualitätsbeweis ist. Nutzt aber alles nix, ich kann ein paar Fotos machen und eine Bierlänge später geht es weiter.

Auf der Motte Bühne am Spritzenplatz hätte ich gerne die beiden Damen von YU'n'ZU gesehen, Musik mit türkischen und japanischen Einflüssen klingt spannend, aber die sind wohl noch nicht dran. Die beiden Mädels auf der Bühne machen jedenfalls einen mehr folklorigen Eindruck. Akustische Gitarre und barfuß, Melanie Safka ick hör dir trapsen. Der Bühnenaushang sagt mir "Nomi und Lou", meine Begleitung sagt "laaangweilig" und weiter geht's, Richtung Bahnhof.

Die kann ich wenigstens beeinflussen, die Richtung, ich will auf die andere Seite der Max-Brauer-Allee, in der Bergstraße spielen Strom & Wasser feat. The Refugees, die kenn ich zwar auch nicht, aber wenn Refugees  dabei sind verspricht das irgendwas mit Weltmusik zu werden, auf der Boogie Down Stage sitzen allerdings noch zwei Jungs und klopfen auf ihren Hanghang herum. Hört sich zwar sehr schön an, aber irgendwann dringt lautes Gejohle und wildes Getrommel von fern an meine Ohren, bin ich etwa vor der falschen Bühne?

Eindeutig, den ein paar hundert Meter weiter auf dem Tanzboden geht gerade die Post ab. Im Rahmen der "Welcome Music Session" spielt die Opatan Band und bringt die Leute zum tanzen, aber sowasvon. Mit nichts als ein paar Trommeln, einer Sackpfeife und einer mitreißenden Show. Wer vor der Bühne nicht gerade tanzt, klatscht oder wie verrückt ululiert, der zückt zumindest sein Handy und hält das irgendwie fest. Das geht echt mal ab hier, aber wenn das jetzt die Refugees sind, wer ist dann Strom & Wasser?

Die finden wir auf der anderen Bühne, nachdem die Opatan Band ihre letzte Zugabe gespielt hat. Ganz andere Baustelle, Liedermacherpunk oder so etwas, und schon dermaßen viele CDs am Start, dass ich mich frage wieso ich noch nie etwas von denen gehört hab. Das macht die ganze Sache allerdings problematisch, denn auch wenn mir Musik und Texte gefallen, welche sollte ich nehmen? Die mit oder die ohne Refugees, mit denen sie eine Platte gemacht haben, die aber aus Kostengründen nicht alle mitkommen konnten auf die Altonale, außer Djamila aus Hamburg, die Weltmusikperle im Liedermacherpunkprogramm. 

Kann meinen Abflug aber auch nicht mehr verhindern, die Truppe drängt zum Rückweg. Girlpunk auf der Motte-Bühne gibt mir dann das Signal zum endgültigen Aufbruch, für einen Tag ist das genug auf die Ohren. Immerhin ein Volltreffer dabei.

Weltmusiksuchfotos: Altonale 2016, Nikon D90
Weltmusiksuchbier: Mashsee Hafensänger, Baltic Porter, 6.1%
Weltmusik: Abyssinia  Infinite feat. Gigi Shibabaw - Zion Roots















































14 Kommentare:

  1. der irische kuss war lecker und der blowjob auch, du verstehst halt nix von frauengetränken :p

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    1. Das Zeug wird nach Farben zusammengebastelt und nicht nach Geschmack, mit derlei Gesöffen hab ich genug Erfahrungen gemacht. Aber wie Du klar erkannt hast bin ich auch nicht die Zielgruppe :D.

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  2. Ululieren heißt das Geheul also, wieder was gelernt. Mein Ding isses ja nicht, aber als Motiv waren die schon interessanter als der Rest.
    Das schwarz-weiße finde ich übrigens am besten, du solltest öfter mit ohne Farbe arbeiten ;).

    Gruß,N.

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  3. Kann es sein, dass durch das Fehlen der Farbe das Bild bewegter wirkt?
    (Fragt sich eine fotoahnungslose Leserin)

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  4. @ Anonym 1: Ja. Definitiv. Mit ohne Farbe tut ihm gut. Insbesondere auf seine Farbsehschwäche bezogen...
    Ein abschreckend geschwätzig buntes Beispiel von ihm gibt es übrigens hier zu sehen:
    http://forum.digitalfotonetz.de/viewtopic.php?t=112067&highlight=
    (mit reichlich gehässigen Kommentaren *fg*)

    @ Anonym 2: Nein. Bewegte Bilder werden umgangssprachlich als "Film" bezeichnet.
    Der Blogautor schwört (vallah!) auf das Moderne. D.h. Film kommt für ihn nicht (mehr) in Frage.
    Film ist "retro", digital ist "hip" ! Es sei denn, der Film ist auf Blue Ray. *fg*

    *duck & wegrenn...*

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    1. Aha.
      Trotzdem:
      Das Schwarzweißfoto wirkt auf mich sehr dynamisch. Jetzt kann man sagen: "Klar, da wird sich ja auch bewegt".
      Aber könnte man auch generell sagen, dass durch die Beschränkung auf schwarzweiß stärker die Bewegtheit hervortritt?
      Ich habe in meinem Leben praktisch nur gruppenfotobittende Touristen abgelichtet, was den Vorzug hat, dass ich die Ergebnisse nie zu Gesicht bekommen habe, aber das bleibt mir in den modernen Selfiezeiten auch erspart. Ich bin also wirklich ahnungslos und frage einfach als Betrachterin.
      PS: Nach mehrmaligen erfolglosen Versuchen bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich nicht doch ein Roboter bin.

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    2. Dem xs4all darf man nicht alles glauben, der schreibt auch mal viel Blödsinn wenn der Tag lang ist.
      In diesem Fall lenkten mir die vielen Farben vom Wesentlichen zu sehr ab, in der schwarz-weißen Version sind die einzelnen Personen besser herausgestellt, dadurch wirkt es sicher dynamischer.

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    3. Danke für die Antwort!

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  5. Guude,
    Viele schöne bunte Bilder. Die Musik hätte mich nach deiner Beschreibung wahrscheinlich weniger interessiert, aber das Essen - das liest sich doch ziemlich lecker.
    Aber von Hamburg krieg ich immer nur was mit, wenns vorbei ist.

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    1. Ich könnte nächstes Mal rechtzeitig Bescheid geben wenn was ist, ein Bett hast Du hier ja immer.
      Und die Opatan Band hätte Dir sicher gefallen, ist halt nichts für die CD im Kämmerlein, aber live macht das Laune.

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    2. Oh ja, kommt mir bekannt vor: Niemals mit weiblicher Begleitung, die nicht gerade frisch verliebt in dich ist, auf ein Musikevent gehen, das DU ausgesucht hast. Nach den ersten 3 Monaten Beziehung (MAXIMAL!) ist es entweder nicht die richtige Band, oder zu laut, oder zu teuer, oder "lass ma' dahin setzen"(wo man aber nichts mehr sieht) bzw. will se nach dem 3. Song nach Hause...

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    3. Lieber Herr Bludgeon,
      kann es sein, dass Sie die Damen vorher beim Klamotten/Schuhe kaufen begleitet haben?

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    4. Hat Klamotten/Schuhe kaufen bei Damen etwa den gleichen Stellenwert wie Konzerte bei Männern? Dann hab ich das bisher unterschätzt. *g*

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  6. Nein, Liebe Fau Leserin. Sie meinen: Retourkutsche der Dame? Mitnichten. Ich vermeide Schuhkaufbegleitung seit Jahrzehnten erfolgreich. Was ich beschrieb, sind lediglich aufmerksame Konzertpublikumbeobachtungen. Wenn ich allein(schluchz) oder mit dem ein oder anderen Freund im Konzert stehe und nach dem 3. Song Pärchen bramsigen(sie)bzw. traurigen Blickes(er) sich nach hinten verziehen in Richtung Ausgang. Dann atme ich jedesmal befreit auf: Uff, MEINE is' zu Hause jebliehm.

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