Dienstag, 3. November 2015

Eulenspiegels verrummelter Marktplatz
















Sonntagnachmittäglicher Sonnenschein wird in den nächsten Monaten seltener zu finden sein. Sehr lange spendet die Kugel auch kein Licht mehr, wenn man sich erst Mittags aus dem Bett bewegt. Was macht man in den drei bis vier Stunden die bleiben? Mölln wäre eine Idee, das ist in erreichbarer Distanz, Gugelmaps sagt was von 45 Minuten. Die Altstadt ist nicht besonders groß, dafür reicht die Zeit immer.

Die tatsächliche Fahrtzeit liegt dann bei etwas über einer Stunde, vor der Stadt geht nichts mehr. Baustellenampel, ein Kilometer Schlange davor und ein einziger freier Platz im Bahnhofsparkhaus, weil sich keiner in die hinterste Ecke traut außer mir. Was zum Teufel ist hier los? Volksfest? Volksfest! Scheiße!

Nur unten am See bleibt man davon verschont, hier werden gerade die Bürgersteige hochgeklappt. Die letzte Fahrt der Till vor der Winterpause, ich könnte sogar noch an der heiteren und informativen Stunde teilnehmen, aber heiter und informativ hört sich an wie Hafenrundfahrt in Hamburg, hinter Glas sitzen und flache Witze ertragen.

Die Altstadt ist zugestellt mit Buden, Wurstbude, Bierbude, Crepebude, Losbude, Bierbude, Spielbude, Pizzabude und wieder von vorne, auf den etwas breiteren Straßen gleich beidseitig. Bis auf die ganz schmalen Wege ist jede Straße und jede Gasse gestopft voll mit Menschen, man kommt kaum vorwärts. Beim nächsten Spontanausflug gucke ich vorher was da gerade abgeht, hätte ich das geahnt... egal, wo man schon mal da ist muss man das beste daraus machen.

Ausgerechnet der historische Marktplatz bietet genug Platz für ein paar Karussells, kein freier Blick auf das schöne Fachwerkensemble mit dem Eulenspiegelmuseum. Etwas oberhalb auf einem Hügel liegt das Wahrzeichen der Stadt, die backsteingotische Kirche Sankt Nicolai. Vor der im Abendsonnenrest leuchtenden Backsteingotik steht zwar kein Karussell, dafür war irgendein Genie der Meinung, dort müsste unbedingt ein großes behindertengerechtes Toilettenhäuschen hin. Wahrscheinlich für die vielen Offroadsportler unter den Rollstuhlfahrern, die täglich das historische Kopfsteinpflaster zur Kirche hinauf rollen.

Den Eulenspiegelbrunnen finde ich erst auf Nachfrage, der ist wesentlich kleiner als in meiner Erinnerung, eingeklemmt zwischen Karussellrückseite und Schaustellerwohnwagen und belagert von einer Menschentraube, kein Wunder dass man den übersieht. Alle wollen an Tills Daumen und Schuhspitze reiben, weil das angeblich Glück bringen soll. Bei den tausend klebrigen Rummelplatzfingern die da heute schon zugange waren verzichte ich lieber auf das Vergnügen, wahrscheinlich besteht das einzige Glück ohnehin darin, sich dabei nicht mit irgend etwas anzustecken.  

Nach einer Stunde hab ich die Schnauze voll vom Rummel und suche ein paar ruhigere Ecken, der Till-Eulenspiegel-Gang und ein paar andere schiefe Gassen sind noch frei von Fressbuden, hierher verirrt sich kein Mensch, die Sonne allerdings auch nicht mehr, es wird Zeit zu verschwinden. Blöderweise führt der direkte Weg an so vielen Futterkrippen vorbei, dass ich nicht widerstehen kann und mich der Schnellverpflegung hingebe. Sollte man auf Rummelplätzen nur machen, wenn man die Buden kennt - und ich kenne nur die auf dem Hamburger Dom.

Auf dem Möllner Herbstmarkt kenne ich jetzt immerhin die mit den schlechtesten Satéspießen ever und das ist ja auch eine Erkenntnis.

Eulenspiegelfotos: Nikon D90, Sigma 10-20mm
Eulenspiegelbier: Ratsherrn Springbock, Helles Bockbier, 7.5%
Eulenspiegelmusik: Cambridge Folk Festival, Celebrating 50 Years (Richard Thompson, Seth Lakeman, Frank Turner, John Butler Trio, Heritage Blues Orchestra, Billy Bragg, Taj Mahal, Levellers, Nick Lowe, Eddie Reader, The Imagined Village, Fairport Convention, Thea Gilmore u.a.)
















6 Kommentare:

  1. die altstadt ist ganz nett, und ohne volksfestbuden auch nicht so überlaufen. am marktplatz gibt es ein kleines cafe mit super torten, den namen hab ich leider vergessen, da hättest du etwas essen sollen. aber wenn du irgendwo diese dusseligen spieße entdeckst kannst du wohl nicht anders :p

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    1. Da waren etliche kleine Cafés, aber glaub doch nicht dass da auch nur ein Stuhl frei war. Die haben ihre Torten aus dem Seitenfenster verkauft, ich wollte nur keine auf der Straße essen.

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  2. Ich weiß garnicht was du willst, das erste Foto finde ich zum Beispiel richtig gut, mit dem Karussell vor dem Fachwerkhaus. Wirkt lebendiger, was für alte Häuser ganz gut ist eigentlich *g*

    Gruß, N.

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    1. Stimmt in dem Fall schon, aber etliche andere Perspektiven hats halt verhagelt weil irgend eine Zuckerwattebude davor stand.

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  3. Die Stunde hat sich jedenfalls rentiert - deine Fotos gefallen mir!
    (ob ich mich nach Mölln trauen würde? Irgendwas war da doch mal)

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    1. Jetzt wo Du es sagst..
      Aber das ist über 20 Jahre her und wenn es danach geht, kann man in Deutschland kaum noch irgendwo hingehen, Lübeck, Rostock, Dresden, Dortmund, Neumünster (ok, dahin will eh niemand)
      Das braune Pack ist leider allgegenwärtig.

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