Samstag, 23. Januar 2010

Wolle Schnitzel kaufe?


















Vorgestern kam ich natürlich mal wieder zu spät in die Firma, um bei Cheffes Geburtstags-Sause noch etwas anständiges vom Buffet abzugreifen. Tücken der Spätschicht. Die Geier waren alle schon da und haben gefleddert. Das leckere Rührei mit Pilzen - weg. Würstchen, Frikadellen, Fehlanzeige. Immerhin, es waren noch Bratkartoffeln da, die hätte ich kalt verzehren können. Vielleicht mit einem Käsebrötchen, das wäre immer noch passender gewesen als ein Nutella-Croissant. Dafür durfte ich mir dann jede Menge dumme Sprüche anhören, bis hin zu dem Tipp, ich könnte ja die Croissants immerhin mitnehmen und einfrieren. Das ist alles gespeichert, ich werde mich irgendwann rächen. Blöderweise hatte ich seit diesem Vorfall einen unbändigen Appetit auf Bratkartoffeln, Frikadellen und ähnliches. Am besten noch ein Schnitzel dazu. Bei meinen Arbeitszeiten ist natürlich nicht dran zu denken sich dafür abends noch in die Küche zu stellen, und zum Braaker Krug fahren, nur weil es da die besten Bratkartoffeln gibt? Wahrscheinlich längst Feierabend da.

Aber wo sind eigentlich die urtypischen deutschen Imbissbuden hin? Die mit den dicken Bratwürsten und den schon seit dem Vortag brutzelnden Hähnchen, mit Pommes, furchtbarem Benzoe-Kartoffelsalat oder fettigen Bratkartoffeln. Wo Schnitzel und Frikadelle noch mal kurz in die Mikrowelle wandern zum aufwärmen. Wo ist sowas, wenn man es mal braucht? Die Bratkartoffeln vom Catering-Service waren bestimmt auch nicht besser. Ich will Bratkartoffeln, ich will ne Frikadelle, ich will, ich will.

Leider wird in der einzigen mir bekannten anständigen Grillstube gerade geputzt, und man kann durch die Scheibe sehen, dass sie damit nicht gerade erst angefangen haben. Es herrscht gähnende Leere, wo sonst Salate, Schnitzel, Haxen und ähnliches lagern. Der nächste Imbiss ist nicht mehr vorhanden, das Gebäude fiel wohl irgendwann in den letzten Monaten der Abrissbirne zum Opfer. Bleibt also noch der Pole mit den merkwürdigen Frikadellen im Einkaufszentrum, ich bin beinahe froh als ich bemerke das die Lichter da auch schon aus sind.

Opfer der Randgebiete. An jeder Ecke ein McDonalds, an jeder zweiten ein Grieche. Doch willze ma ne Körriewurst kiekste doof. Die Eppendorfer Grillstation wäre natürlich kultig, aber bei meinem Pech wird da gerade eine neue Folge Dittsche gedreht, wenn ich dafür durch die habe Stadt fahre. Ich will ja kein Autogramm, ich will ne Frikadelle. Mehr Imbisse fallen mir gerade nicht ein. Auf dem Kiez ist sowas natürlich zu keiner Zeit ein Problem, aber alles hat seine Grenzen. Ich bin zwar bereit für ein lukullisches Erlebnis in die City zu fahren, aber nicht für Frikadellen, Schnitzel und Bratkartoffeln.

Also aufgeben? Keinesfalls. Ich erinnere mich an die Schublade mit den, seit gefühlten 10 Jahren gesammelten, Flyern diverser Bringdienste. Vor Jahren gab es hier eine wahre Inflation solcher Läden, alles indische oder pakistanische Familienbetriebe. Zur gleichen Zeit verschwanden dafür immer mehr die Rosenverkäufer aus den Kneipen, was mich mutmaßen ließ, das der Verkauf von Rosen vielleicht auf Dauer keine Familie ernährte, aber genug einbrachte um irgendwann einen Imbiss aufmachen zu können.
Der Vorteil bei diesen Läden war, es gab alles. Pizza, Calzone, Pasta, Croques, Burger, Italienisch, Indisch, Chinesisch, Griechisch. Natürlich auch Bratkartoffeln. Alles.
Der Nachteil bei diesen Läden, sie konnten außer den indischen Spezialitäten eigentlich nichts richtig gut. Was am Ende dazu geführt hat, das einer nach dem anderen auch wieder verschwunden ist.

Die Wahl wäre dann auch letztlich auf Kashmiri Birjani mit Rosinen, Ingwer, Cashews, Chicken & Shrimps gefallen. Aber natürlich gibt es genau diesen Laden nicht mehr. Tatsächlich finde ich dann aber zwischen den Flyern von Smileys, Joeys, Max-Pizza und diversen Croqueläden noch einen, der das große Imbisslieferservicesterben überlebt hat. Fly Pizza Service. Italienisch-Griechisch-Indisch. Gyros, Calzone, Bifteki, Spaghetti Carbonara, Pizza, Giros, Döner, Riesencurrywurst, Bauernfrühstück, BRATKARTOFFELN. Alles! Natürlich auch Frikadellen und Schnitzel. Jäger, Wiener, Schlemmer, Zwiebel, Sahne, Broccoli, Zigeuner, Ananas.... Ananas?

Mir ist jetzt alles egal. Ich will, ich will. Selbst die bei Qype vergebenen Bewertungen (4 mal 1 Stern) schrecken mich nicht. Immerhin ist die Webseite gut gemacht, Herr Naeem hat die Zeichen der Zeit erkannt. selber war er wohl nicht am Telefon, was ich angesichts diverser lustiger Erfahrungen mit seinen Kollegen beinahe schade fand. Wenigstens erleichterte das die Bestellung. Wiener Schnitzel, Frikadelle, Bratkartoffeln. Endlich. 30-45 Minuten angesagt, nach 30 war er da. Ob es Herr Naeem selber war oder ein Verwandter hab ich nicht gefragt, jedenfalls war es ein guter Schachzug jemanden ans Telefon zu setzen der die hiesige Landessprache beherrscht, den Rest macht die Familie. Langsam wird mir klar warum der noch existiert.

Naja, was soll ich sagen, eigentlich hab ich das ja vorher gewusst mit den Bratkartoffeln. Lamm Madras oder Saag Gosht hätte auch nicht mehr gekostet. Natürlich war die Frikadelle nicht hausgemacht, aber ich hab schon schlechtere gegessen. Und das Schnitzel war nicht mal so verkehrt. Sie können halt alles ein bisschen, aber nichts richtig gut. Aber Herr Naeem beweist, das man nicht unbedingt immer der Beste sein muss in seinem Job, manchmal reicht es auch wenn man etwas cleverer ist als der Rest. Bedauerlicherweise gilt das in hohem Maße auch für unsere Politiker.

Aber heute gings mir nur um Bratkartoffeln und ne Frikadelle.

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