Freitag, 21. Juni 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 4: Die Vorstadt

 









Man kennt das ja von vielen großen Metropolen der Welt, in denen die sozialen Randgruppen weitgehend ins Umland verdrängt wurden. Was für Paris die Banlieus, für Rio die Favelas oder für Kapstadt die Townships, ist für Darmstadt ein Ort namens "Frankfurt am Main", in dem die ärmeren Bevölkerungsschichten in seelenlosen Glas- und Betonbauten arbeiten und leben müssen.

Gewaltige Konstruktionen aus Hunderten übereinander gestapelter Wohncontainer (teilweise immerhin mit Regendach) und gigantische Türme, die fast schon an den Wolken kratzen können, bestimmen das Stadtbild. Wehe dem Pizzaboten, der hier auf defekte Fahrstühle stößt. Um die Versorgung der Bewohner in solchen Situationen sicherzustellen gibt es sogar Wohntürme mit hängenden Gärten, in denen man Notfallsalat anpflanzen kann, oder Kräuter für Grie Soß, was ja ein Allheilmittel sein soll in Frankfurt.

Im Laufe der Zeit ist aus den Türmen so etwas wie eine Touristenattraktion geworden, angeblich sind die Vorstädter inzwischen sogar Stolz auf ihre Skyline. Um das zu überprüfen sitzen wir in aller Herrgottsfrühe im Odenwald Express nach Frankfurt. Wir wollen uns das Betongedöns näher ansehen, weil man an schrecklichen Bauten immer gut Architekturfotografie üben kann, wie der Pappenheimer zu sagen pflegt. 

Außerdem erwartet uns seine reizende Schwester nebst Gatten am Hauptbahnhof, die uns in den nächsten Stunden im Dauerregen per pedes, U- und Straßenbahn äußerst kundig durch die Stadt führen, so dass wir nicht nur das Elendsviertel zu sehen bekommen, sondern auch die alte Altstadt, die neue alte Altstadt, den Main und das Touristenfallenviertel, in dem ich meinen zweiten Versuch mit Grie Soß starte.

Fest eingeplant war eigentlich ein Besuch im 53. Stock des Main Towers, um mal zur Abwechslung nach unten gucken zu können. Geschafft haben wir es immerhin in den 5. Stock des Shoppingcenters Skyline Plaza, in den Skyline Garden. Natürlich mit Blick auf die Skyline.

Bei so viel Skylinerei genehmige ich mir zur Stärkung einen steifen Espresso Martini und ein Trio aus drei verschiedenen Eissorten mit Flammkuchenchips und hausgemachtem Obstsalat, was eindeutig zu den besten Entscheidungen dieses Tages gehört. 


Fotos dazu: Skyline Frankfurt - Nikon D7200 / Eistrio - Samsung A33

Musik dazu: Pearl Jam - Riot Act / Pearl Jam

 













 








2 Kommentare:

  1. Sehr treffend beschrieben, das alles! Nur die Favelas in Rio de Janeiro bilden die berühmte Ausnahme der Regel. Die sind mittendrin anstatt am Rand. Und das berüchtigtste aller Elendsviertel hast Du unerwähnt gelassen: Offenbach. Aber wen interessiert das schon? Freiwillig will da sowieso niemand hin. Konnte man übrigens schemenhaft erahnen, als wir auf der Deutschherrenbrücke verweilten um die Kathedrale des pan-europäischen Kapitalismus abzulichten. Wenn wir es das nächste Mal aufs Dach des Main Towers schaffen, kann man "Es" besser sehen, wenn der Blick nach Osten gen Mordor gerichtet ist.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Offenbach? Ich kenne kein Offenbach, aber ich bin halt auch kein Slumtourist. Außerdem habe ich gehört, dass in der Gegend sehr viele ohne Führerschein unterwegs sein sollen, da lasse ich doch lieber Vorsicht walten..

      Löschen