Montag, 6. Februar 2023

Eiskalt abserviert

 










Es gibt wahrhaftig angenehmere Möglichkeiten in den Sonntag zu starten, als mit nervendem Wecker und einem Blick auf das Außenthermometer. Das erste was mir dazu einfällt sind natürlich nicht die armen Menschen mit xhundert Kilometern Anfahrtsweg, die schon seit Stunden unterwegs sind, weil sie so bekloppt waren sich diesen Verein auszusuchen, nein, ich verfluche wieder den verpassten Aufstieg, weil 1530 einfach so eine Traumanstoßzeit wäre, nach zwölf Jahren in der zweiten Liga. Die natürlich auch den Menschen mit xhundert Kilometern Anfahrtsweg zugutekommen würde.

Die aufgehobene Maskenpflicht im Nahverkehr und meine angeborene Bequemlichkeit sind die zwei Teufel im Ohr, die mich zu der am Ende nicht ganz so brillanten Idee verleiten, mit dem Auto zu fahren. Das funktioniert zwar bis zum Millerntor wunderbar flüssig, aber die 25 Minuten Reststau vor dem Parkplatz Heiligengeistfeld sind schon ein Hinweis darauf, was mich nach dem Spiel erwarten wird. Experiment gescheitert, dann doch lieber wieder HVV.

Nichtsdestotrotz hat sich der ganze Stress gelohnt, denn so oft kommt es ja nicht vor, dass wir den "kleinen hsv" so schön eiskalt abservieren und mit einem schmeichelhaften 2:0 nach Hause schicken können. Ich kann mich an jede Menge ziemlich ätzende Spiele gegen die Grünlinge erinnern, nicht einmal habe ich mich so entspannt wie heute. Trotz ein paar kleinerer Unsicherheiten bei Mets und seiner frühen gelben Karte hatte ich nie das Gefühl, dass da heute was anbrennen könnte. Jakov findet langsam wieder zu alter Stärke zurück und Eric Smith ist eh eine Bank. Eine Abwehr aus Granit, damit sollten wir einen einstelligen Tabellenplatz sichern können.

Vor allem seit wir gelernt haben, dass man auf das Tor schießen muss, wenn man eines erzielen will. Wenn das eine amtliche Fackel ist, die der Torwart nicht festhalten kann, dann muss nur jemand etwas schneller im Kopf sein und das Ding sitzt. Es hätte mich vielleicht noch ein bis zwei Winzigstel mehr gefreut, wenn Dapo den selber verwandelt hätte, aber stehende Ovationen nach dem ersten Auftritt am Millerntor haben noch nicht viele geschafft, das Ding macht er dann vielleicht gegen Kaiserslautern. Wenn Daschi bis dahin seine Schusstechnik verbessert könnten wir vielleicht sogar mal höher gewinnen, mit Abprallern funktioniert das schon ganz gut.

Nach zwei gewonnenen Spielen in Folge und einem weiteren Heimspiel vor der Brust kann Mensch schon ein wenig von der Gier nach mehr gepackt werden, wie das so ist wenn man aus bescheidenen Verhältnissen kommt und fast drei Monate auf richtigen Fußball verzichten musste. Ich könnte aber auch damit leben, wenn wir bis Ende der Saison einfach immer eins mehr schießen als der Gegner, solange dabei so schöne Dinger fallen wie das 2:0 von Connor Metcalfe. Noch schöner wäre es freilich, müsste man nicht etliche Minuten auf den Videokasper warten, bis man weiß ob man überhaupt jubeln darf.  

Die entscheidende Frage in der weniger spektakulären zweiten Hälfte war dann auch nur, ob Leitl den mit Afolayan völlig überforderten Neumann rechtzeitig auswechselt, oder darauf wartet dass der Schiedsrichter das übernimmt. Seit schlaue Analysten herausgefunden haben, dass wir gegen Gegner in Unterzahl auch nicht unbedingt schlechter abschneiden, findet letzteres durchaus meine Zustimmung. Fast hätten wir das ausnutzen können, aber wenn der Gegner weniger Beine zur Verfügung hat, stellen wir halt unsere eigenen Gräten in den Weg oder stehen im Abseits, wenn wir schon die Kiste treffen.

Natürlich könnte man jetzt einfach mal glücklich sein, aber wenn es nix zu meckern gäbe, gäbe es auch nix zu verbessern. Sagt der Trainer ja auch immer. Also jeder Trainer, wahrscheinlich sogar Nagelsmann.


Was sonst noch gut war:

Dapo Afolayan. Könnte in Rekordzeit zum Publikumsliebling werden, ganz starker Auftritt. Nur durch Fouls zu bremsen, das hat dann irgendwann auch Konsequenzen.

Manolito 💗 ist einfach der geilste. Der beste Sommertransfer heißt definitiv Saliakas, als Gegenspieler hätt ich da absolut keinen Bock drauf und das ist sooo spaßig.


Was echt übel war, aber selbst eingebrockt:

50 Minuten vom Heiligengeistfeld auf die Glacischaussee, weitere 10 bis zur Budapester, in der Zeit wäre ich mit Bus und Bahn zu Hause gewesen. Wenn man aus Frimsen an der Truhe kommt mag das die beste Möglichkeit sein, aber als Hamburger ist das echt schwachsinnig.

 

Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St. Pauli - Hannover 96, Endstand 2:0 / Canon Powershot SX280

Tore dazu: Lukas Daschner (17.) Connor Metcalfe (27.)

Links dazu: Den kleinen HSV groß ausgekontert

Musik dazu: Acid Arab - Djazirat El Maghreb / Musique de France / Jdid / Trois











 


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