Sonntag, 24. September 2023

Im Stil einer Spitzenmannschaft

 









 

Während des Spiels tauchen meine Gedanken kurz ab in die Vergangenheit, wie das hier alles anfing. Auf Erdwällen im Matsch gestanden, gegenüber die Bruchbude von Haupttribüne mit dem Kuchenblock, quasi dem Vorläufer der Loge, auf dem Platz Spieler mit Kippenschachtel in den Stutzen, die ein mehr oder weniger erfolgreiches Ackermatch bestritten haben, vor vielleicht 3000 Zuschauern.

Dann schweift der Blick über vier bildschöne Tribünen, sieht die Fackeln leuchten in der Süd, die Rauchschaden über den Platz ziehen, hört den lautstarken Support von 30.000 Menschen, von denen 27.000 eine Mannschaft anfeuern, die zumindest streckenweise Traumfußball zelebriert. Zweitligatraumfußball, aber definitiv Traumfußball, und man möchte fast platzen, so sehr schießen die Glückshormone durch den Körper.

Aber egal ob Erdwall oder Tribüne, ob 3.000 oder 30.000, die schönsten Momente im Fußball ändern sich nie, etwa wenn ein Mensch hinter dir schreit "der wird doch wohl reingehen", genau in dem Moment in dem Marcel Hartel abzieht und das Ding zum 2:1 in die Maschen jagt, oder wenn man selber kurz vor Schluss "ein 3:1 würd ich noch mitnehmen wollen" in den Bart murmelt und sich dann freut wie blöd, dass ausgerechnet Carlo den macht, der ja bisher nicht sooo viele Möglichkeiten hatte und sich dann noch mehr freut, dass sich seine Kollegen ebenfalls für ihn freuen und schon wieder möchte man fast platzen..

Ach Millerntor, es war oft schön, oft auch schön schrecklich, manchmal deprimierend, manchmal magisch und manchmal, so wie heute gegen Schalke, einfach nur unfassbar geil. Ich will Zehnjahresverträge für alle, damit dieser Traum niemals endet, wohl wissend, dass der dann in der ersten Liga enden kann, wenn das so weitergeht. Ein im Brustton der Überzeugung geäußertes "die steigen auf", aufgeschnappt auf der Treppe nach dem Spiel, hörte sich für mich nicht mehr nach Plan sondern nach Feststellung an. Schalke wird er nicht gemeint haben.

Momentan sind wir jedenfalls eine Spitzenmannschaft in der zweiten Liga, daran hab ich mich inzwischen schon fast gewöhnt, die frühere Nervosität vor Spielen ist seit Monaten einer gespannten Vorfreude gewichen, ganz egal wie der Gegner heißt. Schalke? Und tschüß...

Was sonst noch gut war:

Marcel Hartel wieder Mann des Tages, beim zweiten Treffer war er dann auch schon Fußballgott. Bevor er besser wird als Lionel Messi sollten wir den Vertrag verlängern.

Geil Goldglitzerpiratenchoreo.

Was nicht ganz so gut war:

Wenn wir eine Erstligamannschaft werden wollen müssen wir lernen dusselige Gegentore zu vermeiden. Erst den Ball und dann den Gegner laufen lassen, weil sich gerade keiner zuständig fühlt, selten doof. Ich hasse es einfach, wenn man da sitzt und das Elend kommen sieht.

Was so richtig schlecht war:

Schalker Spacken in der Nordkurve braucht kein Mensch. Über Zäune klettern und sich mit Ordnern prügeln kannte ich bisher nur von den absoluten Vollhonks aus Rotzstock und Dräsdn, ihr seid da also in wirklich guter Gesellschaft. Glückwunsch.


Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - FC Schalke 04, Endstand 3:1

Tore dazu: Hartel (21./57.), Boukhalfa (92.) / Polter (29.)

Links dazu: Feuerwerk von Anfang bis Ende - Freibeuter der Liga bleiben auf Kurs - In der Ruhe liegt die Kraft

Musik dazu: Tinariwen - Amatssou / Ipek Yolu - Tropical Anatolia

 
















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