Sonntag, 3. November 2019

Traumurlaub mit Hindernissen

















Seit Jahren schon träume ich davon, den Nachwuchs mit nach Portugal zu schleppen. Weil sich die beiden pferdeverrückten Teenies bestimmt gut verstehen, weil ich dem großen Kind auch mal einen Grillabend beim weltbesten Chefkoch und der weltbesten Gastgeberin gönnen würde, weil jeder mal über die Klippen am Ende der Welt geschaut haben sollte, weil die Algarve samt Hinterland insgesamt ziemlich traumhaft ist und nicht zuletzt weil ich es generell für eine gute Idee halte, Lieblingsmenschen und Lieblingsorte miteinander zu teilen, auch wenn fast 3000 Kilometer Distanz zu überwinden sind.

Das war dann bisher auch das Hauptproblem, als unabhängiger Single kommt man zwar mit dem billigen Iren recht günstig von Hamburg nach Faro, aber mit fünf Personen in den Ferien kosten die Tickets so viel wie ein kompletter Pauschalurlaub. Der ist jedoch grundsätzlich nur mit Umsteigeverbindungen zu haben, über Lissabon, Brüssel oder Köln und mit teils mehrstündigen Wartezeiten. Mit kleinen Kindern alles andere als ideal, aber letztlich die einzige Möglichkeit.

Der Hinflug mit einer Stunde Aufenthalt in Köln verläuft jedoch äußerst entspannt, die Kiste von Germanwings bietet geradezu unfassbar viel Beinfreiheit, kein Vergleich mit Ryan, die Flugbegleiter sind netter und verkaufen auch keine dämlichen Rubbellose, nur Gin Tonic gibt es leider nicht, ich muss Warsteiner trinken. Aus der Dose ist das eine echte Strafe.

Am Flughafen in Faro wartet schon der perfekt organisierte Transport auf uns, die Koffer werden verstaut und ab nach Lagos, es ist 21 Uhr und ich habe das ungute Gefühl, dass die Versorgung mit Nahrungsmitteln in so einer Appartementanlage um diese Zeit Probleme bereiten könnte. Das ungute Gefühl verstärkt sich, als der Fahrer mehr oder weniger hilflos in und um Lagos herum kurvt. Sein Smartphone mit dem schicken Portrait von Che Guevara ist zwar mit Gummibändern am Armaturenbrett befestigt, aber leider kein Navi installiert.

Immerhin funktioniert die Freisprechanlage und sein Kollege lotst uns nach einer knappen halben Stunde an den richtigen Ort. Vom Pförtner gibt es den Schlüssel und eine Wegbeschreibung zum Appartement, dann ist auch das geschafft, es ist inzwischen 22:30 Uhr und der Kühlschrank leer. Findet man als Erwachsener nichts im Kühlschrank geht man halt ins Bett, aber Kindern ist das schwerer zu vermitteln, also machen wir uns zu zweit auf Nahrungssuche.

Der sehr nette ältere portugiesische Pförtner versichert uns, das Wasser aus dem Hahn wäre ganz ausgezeichnet, viel besser als das aus der Flasche, dafür müssten wir nun wirklich nicht in die Stadt laufen. Meine Erfahrung sagt etwas anderes, aber das Problem mit der festen Nahrung hat sich damit noch nicht erledigt. Ja, dann müssten wir wohl in die Stadt, am besten runter zur Marina und über die Fußgängerbrücke in die Altstadt. Da steht die Statue von so 'nem Typen, er wüsst jetzt gerade nicht wie der heißt, aber die wäre nicht zu verfehlen. Da hat bestimmt noch was auf.

Die Brücke kenne ich und die Statue von Heinrich dem Seefahrer, einem der großen portugiesischen Entdecker, ebenfalls. Natürlich fällt mir der Name in diesem Moment auch nicht ein, aber man soll im Ausland eh nicht klugscheißen. Die Entfernung habe ich allerdings deutlich unterschätzt, auf der Gugelmappe war das nicht so weit und vor allem nicht so steil.

Auf dem kopfsteingepflasterten Höllenweg runter in die Altstadt ruiniere ich mir nachhaltig beide Knie, weshalb ich heute noch rumlaufe wie Freddie Frinton nach dem Hauptgang. Am Hafen finden wir eine hell erleuchtete Pizza Hut Filiale, man muss allerdings erst eine steile Treppe bewältigen um die letzte Angestellte beim Geldzählen erspähen zu können. Wäre ideal gewesen, denn auf dem restlichen Weg an der Marina entlang gibt es höchstens noch Bier vom Fass.

Ähnlich ist die Lage auf der anderen Seite der Bucht, die Bürgersteige werden so langsam hochgeklappt, in den Restaurants sitzen nur noch ein paar letzte Gäste beim Wein, nichts was uns weiterhelfen würde.

Die Rettung ist ein netter Mensch in einem gerade schließenden Bistro, der uns eine seiner letzten beiden Pizzen anbietet, die eigentlich für das Personal nach Feierabend gedacht waren. Hungrige Kinder sind zumindest im Süden ein herzerweichendes Argument, eine Pizza allerdings recht mager, selbst wenn die Erwachsenen verzichten. Was ist denn mit der halben Apfeltorte? Die kann man doch sicher käuflich erwerben. Wie viele Stücke? Alles. Wir nehmen alles. Und zwei Flaschen Wasser mit Pups, weil ich dem Zeug aus dem Hahn nicht traue.

Durch die Nähe des Bistros zum nächsten Taxistand ist die Pizza sogar noch warm als wir ankommen und natürlich sollte man Wasser in Portugal besser aus der Flasche trinken wenn man Chlor nicht mag, was der Rest der Familie glücklicherweise trotz Durst beherzigt hat.

Trotzdem wird es noch ein Traumurlaub, weil man sich auf Lieblingsmenschen und Lieblingsorte einfach verlassen kann. Zur Rückreise allerdings sage ich lieber noch nichts. Schwebendes Verfahren und so...

Fotos dazu: Rutschbeachbuggies und Heinrich der Seefahrer, Lagos Portugal / Nikon D7200
Musik dazu: Pearl Jam - Live on two legs / Backspacer







      





4 Kommentare:

  1. die tretboote mit wasserrutsche würde ich gerne mal testen, sollten sie auf der alster auch anbieten sowas :))
    beim schwebenden verfahren bin ich gespannt was draus wird, haben die inzwischen reagiert?

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    1. War leider kein Verleiher anwesend der uns so ein Ding hätte aushändigen können. Bei dem Wellengang habe ich mich sowieso gefragt wer da die Leiter hochkommt, das ist wohl mehr was für ruhiges Wetter.

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  2. Wirklich traumhaft, schwebendes Verfahren hört sich an als wäre die Erholung gleich wieder vorbei gewesen. Hoffentlich gibt es die Story noch zum nachlesen *g*

    Und hoffentlich noch paar Fotos von der Gegend, obwohl du ja eigentlich schon alles fotografiert haben müsstest da unten.

    Gruß, N.

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    1. Wenn es was zum nachlesen gibt ja, bisher habe ich nur eine Vorgangsnummer. Nächste Woche Termin beim Anwalt.

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