Sonntag, 12. November 2017

Der Leuchtturm am Ende der Insel
















Den Weg vom Kloster Lluc in Richtung Pollença fahre ich das erste Mal, entsprechend oft klappt mir die Kinnlade runter. Ein toller Ausblick nach dem anderen, hinter jeder der zahlreichen Kurven bietet sich eine neue Perspektive, auf grüne Täler und kleine Dörfer, eingebettet zwischen den Felsen der Serra Tramuntana. Nur Wasser gibt es nicht zu sehen hier im Landesinneren - und daher gibt es auch keinen Mirador. Nicht einen. Anscheinend ist man auf Mallorca der Meinung, Aussichtspunkte ohne Blick auf die Küste oder wenigstens einen Stausee würden niemanden interessieren.

Angesichts der wirklich traumhaften Strecke extrem ärgerlich, doch ohne eine Panne vorzutäuschen ist es völlig unmöglich irgendwo für ein paar Fotos anzuhalten und so viel Chuzpe besitze ich einfach nicht. In anderen Ecken konnte man wenigstens ab und zu einen dieser steilen und engen Privatwege blockieren, die zu irgendwelchen einsamen Gehöften führen, aber hier findet man nicht einen. Hier wohnt kein Mensch.

In Port de Pollença angekommen suche ich im Netz nach irgend einem Mirador auf der Strecke und bin ziemlich sicher einen verpasst zu haben, eine Seitenstraße, irgendwas, aber Fehlanzeige. Den ich gesucht habe erreiche ich zehn Minuten später, den Mirador es Colomer. Schon von weitem zu erkennen. Voll wie Hulle.

Busse und Autos ohne Ende, mit viel Glück ergattere ich einen Platz, weil direkt vor mir einer abhaut, zehn andere suchen noch. Draußen trifft mich fast der Schlag, was für eine Affenhitze. Vielleicht hätte ich die Klimaanlage doch nicht auf 18° stellen sollen, der Unterschied ist einfach zu krass. Und dann muss man auch noch Treppen steigen...

Unendlich viele heiße steile Treppen. Endlich oben angekommen bin ich von der Aussicht allerdings dermaßen überwältigt, dass ich ganz vergesse zusammenzubrechen. Eines muss man denen hier ja lassen, WENN sie denn mal einen Mirador einrichten, mit Parkplätzen, Büdchen und allem Gedöns, dann ist das auch voll und ganz gerechtfertigt. Postkarte in jeder Richtung.

Ein halber Liter eiskaltes isotonisches Grapefruitgeschmacksgesöff aus dem Büdchen verhindert gerade noch einen Kollaps auf dem Rückweg, dann sitze ich wieder in der Karre. Klima 18 Grad. Nordisch by nature, ich kann nicht anders bei der Hitze.

Der weitere Weg zum Cap führt etliche Kilometer durch dichte Waldgebiete, bevor sich die Straße wieder der Küste nähert. Es geht aufwärts in Richtung der Bucht von Cala Figuera, die eine der schönsten der Insel sein soll. Der Parkplatz oberhalb ist dafür einer der schlimmsten, hier hat man wohl überwiegend mit Sprengstoff versucht den Platz einzuebnen, sogar der Mokka schleift hier und da mit dem Unterboden über die Felsen und treibt mir den Schweiß auf die Stirn.

Gelohnt hat sich das nicht wirklich, denn um die Schönheit der Bucht zu würdigen müsste man wohl einen längeren Marsch auf sich nehmen, steil bergab natürlich. Ob es da unten außer tollem Strand und tollen Aussichten auch ein Büdchen mit lebenserhaltenden Getränken gibt ist ebenfalls fraglich, daher verwerfe ich den Gedanken sofort wieder und versuche die Karre halbwegs heil von der Schotterpiste zu kriegen.

Auf den letzten sechs Kilometern zum Ende der Insel wird mir ebenfalls schnell klar, dass ich das angedachte Foto vom Leuchtturm in der Abendsonne vergessen kann. Was ich im Netz gefunden habe war ganz sicher die Aufnahme eines Wanderers, auf dieser Route bietet sich die Perspektive nur ganz kurz einmal und würde, außer einem Parkplatz, noch das kleine Bergsteigerbesteck erfordern. Wege gibt es hier nicht mehr, nur noch schroffe Felsen und den einen oder anderen Busch, an dem man sich zur Not festklammern könnte.

Parkplätze allerdings gibt es erst wieder am Ziel und für die muss man sich in eine sehr lange Warteschlange stellen, bis einer der zahlreichen Platzanweiser mit seiner Kelle winkt. Professionell organisiert, aber an einem wirklich vollen Tag in der Hauptsaison dürfte das nicht ausreichen, dann bricht hier garantiert alles zusammen.  

Der Ausblick am Leuchtturm ist wie erwartet grandios, man kann sogar Menorca am Horizont entdecken, jedenfalls wenn man in die richtige Richtung guckt. Die Dame neben mir guckt auf die Bucht von Pollença und wundert sich, dass man nach Menorca eventuell sogar schwimmen könnte. Da sie nicht aussieht als wollte sie das wirklich in die Tat umsetzen, verzichte ich auf Klookschieterei und erspare ihr die Enttäuschung.

Enttäuschungen sind doof.  Meine bekomme ich beim letzten Versuch, etwas Abstand zwischen mich und die Gebäude zu bekommen. Die Absperrungen an der Straße lassen sich noch problemlos überwinden, doch der "Weg" durch die Büsche ist nur auf den ersten hundert Metern vielversprechend, um weiter zu kommen würde man die Gewandtheit einer Bergziege benötigen.

Für ein Flachlandrhinozeros eher nicht geeignet.

Fotos dazu: Mirador es Colomer (1-5), Cala Figuera (6,7), Cap Formentor, Mallorca / Nikon D7200
Bier dazu: Ratsherrn Lazy in Red, Red IPA, 6.7%
Musik dazu. The Who - Who's Next
















4 Kommentare:

  1. wirklich schöne gegend da oben, aber wenn man bei der affenhitze keinen strand hat kann man da nicht urlaub machen :p

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    1. Cala Figuera ist ein Strand. Man benötigt halt nur ein Boot oder ein paar gesunde Beine :p

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  2. Ich habe garnicht gewusst das es zwei Cala Figueras gibt auf Mallorca, wieder etwas dazu gelernt. Der Blick ist wirklich fantastisch, sowohl als auch (Mirador & Cap)ich fürchte nur wenn ich im Urlaub eine ganze Woche unterwegs bin gibt es Ärger, da muss ich meine Ziele sehr gezielt aussuchen ;)

    Formentor ist schonmal dabei :D
    Gruß, N.

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    1. Wenn man unterwegs nicht viel Zeit verliert braucht man nur 3 bis 4 Tage, so groß ist die Insel nicht. Bahnfahrten etc. sind dann allerdings nicht drin.

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