Montag, 16. Mai 2022

Wie der Hausmeister drei Tore verhinderte

 









 

Verpasste Chancen, das ewige Thema leidgeprüfter Fußballfans. Eine richtig dicke haben wir gerade mit dem vor ein paar Wochen noch möglichen Aufstieg verpasst, dürfen im letzten Saisonspiel gegen Düsseldorf um die goldene Ananas spielen und danach Spieler verabschieden, von denen wir uns eigentlich gar nicht verabschieden wollen, weil die doch nach 10 Jahren irgendwie zur Familie gehören. Alles sehr anstrengend, nach dieser anstrengenden Saison. Da feiert so mancher doch lieber Geburtstage und schwupps, sind zwei Dauerkarten übrig. Eine Chance, noch seltener als ein Kopfballtor nach Ecke, die lass ich mir natürlich nicht entgehen.

Ich kann mein Kind mit ins Stadion schleppen! Und sein Kind noch dazu! Drei Generationen auf der Gegengerade, mein Enkel das erste Mal am Millerntor, die Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder. Nachdem kurz darauf der letzte Veteran auch absagt kann die Freundin sogar noch mit und der Lütte bekommt 'ne Schoßkarte. Dafür verzichte ich sogar auf meine Saisonabschlusssportzigaretten und mach Opa-Taxi mit Hol- und Bringservice, wie gut dass der Dom weg ist.

Unterwegs kommen mir leichte Bedenken angesichts nachgesagter Düsseldorfer Formstärke und unseres stark ausgedünnten Kaders, ich hab nicht mal Ahnung wer da aus der Quarantäne wieder raus ist, die gesperrten und verletzten Spieler reichen für ein ungutes Gefühl im Magen eigentlich schon aus. Das Projekt "Enkel mit Sankt Pauli Virus infizieren" erscheint mir auf einmal gefährdet. Schließlich weiß man ja, der erste Stadionbesuch kann so prägend sein wie das erste Konzert, wenn die Band nix kann gehste nicht wieder hin.

Um das Gröbste vorweg abzufedern mache ich galgenhumorig auf unseren Personalnotstand aufmerksam und irgendwann kommt die Sprache auf den Hausmeister, der wohl zur Not ran müsse wenn nicht mehr genug Spieler da sind. Wir kommen dann schnell zum Entschluss, dass der wohl ins Tor müsse, weil Hausmeister vielleicht nicht  ganz so gut Fußball spielen können, aber Bälle fangen ginge wohl gerade noch.

Man sollte nicht so viel Blödsinn erzählen, wenn Kinder dabei sind. Nikola Vasilj stand jedenfalls unter besonderer Beachtung eines sechsjährigen Neufans und obwohl wir den Lütten natürlich irgendwann aufgeklärt haben, dass das nicht der Hausmeister ist, war er der ALLERBESTE und hat uns wahrscheinlich den Arsch gerettet, weil er dreimal ganz toll Bälle gefangen hat, was anscheinend noch wichtiger war als unsere zwei Tore. Man kann als Torwart 85 Minuten beschäftigungslos am Pfosten lehnen, aber in drei Minuten zum Helden eines kleinen Jungen werden.

Ansonsten ist der Knirps 90 Minuten steilgegangen wie so'n Ultra, sehr zum Amüsement der Steher vor uns und einen besseren Abschluss dieser irgendwie geilen und dennoch verkorksten Saison hätte es für mich nicht geben können. Schön, dass die Band am Ende noch mal ordentlich gerockt hat.


Was sonst noch Sankt Pauli war:

Der vor wenigen Tagen verstorbene Rainer Wulff verabschiedet sich posthum per Videobotschaft vom Millerntor und das war die lauteste, schönste und gleichzeitig traurigste "Schweigeminute" jemals in einem Stadion. RIP Rainer.

Die Verabschiedung der Spieler nach dem Spiel, häufig genug konnte man sich in den letzten Jahren nicht verabschieden, wenigstens Buchti und Matze blieb das Schicksal erspart, nach 10 Jahren einfach so zu verschwinden.

Hätte Hätte Fahrradkette. Die in den drei Spielen vor Schalke verlorenen Punkte hätten uns am Ende auch "nur" auf Platz 3 gebracht, aber selbstverständlich hätte ich auch Magaths Wursttruppe noch mitgenommen. Hätte.

Hätte ich, wäre ich kinderlos, halbwegs fit und in erwachsener Begleitung gewesen, an der Saisonabschlussfeier vor dem Knust teilgenommen? Höchstwahrscheinlich nicht, weil so sehr viel zu feiern gibt es eigentlich nicht. Das war diesmal weniger Tragik als eigene Dummheit.


Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - Fortuna Düsseldorf, Endstand 2:0

Musik dazu: John Butler Trio - Sunrise over Sea / John Berberian & The Middle East Ensemble - Middle Eastern Rock 

Links dazu: Ein Spiel Im Zeichen des Abschieds hat der Millernton gesehen













3 Kommentare:

  1. mit hol- und bringservice, oder wie andere sagen würden: helikopter-opa :)))

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    1. Ich dachte immer die Fußballsachen liest Du nicht :D

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    2. ich lese alles, kann aber in der firma auf dem pc nicht mehr kommentieren, warum auch immer

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