Freitag, 8. Juni 2012
Kann man so stehen lassen
Die Bürger haben keinen Respekt mehr vor der Polizei, das beklagen in den letzten Monaten immer mehr Politiker und Uniformträger. Nun habe ich gelernt, dass man sich Respekt erwerben muss, nur weil man Uniform trägt wird einem dieser nicht automatisch zuteil. Nicht zuletzt kommt es auch darauf an, wie sich der Uniformierte gegenüber seiner Umwelt verhält, und da sehe ich in den letzten Jahren immer mehr Defizite bei unseren Freunden und Helfern.
Denn längst sind es nicht nur autonome Steinewerfer und besoffene Jugendliche, die von den Staatsdienern mit aller Härte in die Mangel genommen werden. Je mehr "Normalbürger" sich an Demonstrationen beteiligen, ob gegen Bahnhöfe in Stuttgart oder gegen Nazis in Hamburg, desto häufiger beklagt sich auch die Gegenseite über mangelnden Respekt. So mancher bis dato brave Bürger ist geschockt wenn er feststellt, dass sein bisheriger unbescholtener Lebenslauf und sein gewaltloser Protest ihn nicht davor schützt, ein Opfer polizeilicher Gewalt zu werden. Ob durch Wasserwerfer wie in Stuttgart, oder durch Pfefferspray in geschlossenen Hallen, Kneipen oder Bahnwaggons wie in Hamburg, immer mehr eigentlich Unbeteiligte werden in Mitleidenschaft gezogen. Zur falschen Zeit am falschen Ort, das kann schon mal mit einer vollständigen Gebissrekonstruktion enden, wenn dem Mann im Kampfanzug der Tonfa zu locker sitzt. Und die volle Dröhnung aus der Pfefferdose haben auch schon Kinder bekommen, weil sie mit ihren Eltern die falsche Veranstaltung besucht haben. Wenn in diesem Zusammenhang später von zahlreichen Verletzten geredet wird kann man fast davon ausgehen, dass die meisten davon ein Opfer der momentan gerne genutzten Sprühtaktik geworden sind. Nach dem Motto: Immer rein in die Menge, es wird schon den richtigen treffen.
Und jetzt kommt auch noch ein Polizeigewerkschafter daher und fordert Gummigeschosse als Distanzwaffe für seine Kampftruppen, wohl wissend, dass diese Waffe mindestens schwere, wenn nicht gar tödliche Verletzungen hervorrufen kann.
Der Normalbürger jedoch, der vorher immer gehofft hat die Polizei würde ihn im Ernstfall vor üblen Schlägern schützen, der fragt sich jetzt langsam, wer ihn vor üblen Schlägern bei der Polizei schützt, und ob wir vielleicht ein Gewaltproblem haben bei den Damen und Herren mit der Ganzkörperrüstung. Und wer dafür sorgt, dass die sogenannte erlebnishungrige Klientel sich nicht unter dem Deckmantel des Gesetzbuches und der Anonymität der Uniform breit macht, denn wenn ich so an ein paar Bekannte aus der Vergangenheit nachdenke, dann haben sich schon immer die falschen für eine Polizeikarriere entschieden. Die Kleingeister, für die Machtgewinn ein einziger Ansporn war, die diesen aber mit ihren geistigen Fähigkeiten nie erreichen konnten. Wer mit Politik nichts werden kann nimmt das andere P.
Und wenn es hier um Respekt geht: Ich ziehe meinen Hut vor jedem Polizisten, der sich in Ausübung seiner Arbeit in Gefahr begeben muss, weil besoffene Vollspacken irgendwo randalieren, weil ein irrer Messerkünstler sein Testosteron nicht im Griff hat, oder weil er nicht weiß wie viele Pumpguns die Razzia beim Kampfsportverein Braune Haselnuss zu Tage fördert. Ich habe bei etlichen Gelegenheiten äußerst nette Polizisten kennengelernt, im Einsatz und manchmal auch privat. Sicher auch etwas unwirsche Gestalten, wenn man mir eine Geschwindigkeitsübertretung nicht nachweisen konnte, aber das nehm ich auf meine Kappe. Ich lamentiere auch nicht rum, wenn man mich erwischt, und ich respektiere das Gesetz, soweit ich es für sinnvoll halte. Was für wahrscheinlich 99% des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt, aber ich mache nicht jeden Schwachsinn mit, sorry.
Ich habe kein Problem mit Polizisten, ich begegne ihnen im allgemeinen so freundlich und respektvoll wie jedem anderen auch, solange sie sich mir gegenüber nicht anders verhalten. Wenn ich auf einer Demo mal etwas Polizeifolklore singe, dann etwas lustiges wie "ohne Boller habt ihr keine Chance", aber ein "wir sind Sankt Pauli - Scheiß Polizei" singe ich nicht mit. Zum einen nehme ich für mich nicht in Anspruch Sankt Pauli zu sein, zum anderen find ich solche Verallgemeinerungen eigentlich dämlich.
Aber Schläger in Uniform sind so ziemlich das letzte was dieses Land nötig hat, ebenso wie Polizeigewerkschaftsvorsitzende mit mangelndem Rechtsverständnis, rassistische Polizeikalender und ähnliche Entgleisungen. Der Fisch stinkt wie immer vom Kopf, deswegen kann man das einfach mal so stehen lassen, auf der Bank am Altonaer Balkon.
Auch wenn da zwei Buchstaben fehlen.
Übersetzung der Inschrift für Auswärtige: FCSP = FC Sankt Pauli / ACAB = All cats are beautiful, wahlweise ein türkischer Vorname.
Revolutionär gute Musik des Abends: Rachid Taha - Tékitoi
Miauuuuuu... ;-)
AntwortenLöschenIch stimme dir zu. Merkwürdig auch, dass gerade im LaLü-Verein ein geradezu auffälliges Potential an braunem Gedankengut herumschwirrt.
AntwortenLöschenMal sehen, wie sich die blauen Helden heute Nachmittag bei der Demo gegen ACTA in FfM benehmen.
hast du kreide gefressen bevor du den text geschrieben hast? ich hab von dir jedenfalls weit üblere aussagen gehört was politik, gesetze und polizei angeht, aber das darf man im internet wohl nicht schreiben ohne mit genau diesen in konflikt zu kommen :p.
AntwortenLöschenMeike, wenn ich im Eifer des Gefechts mal jemanden (oder eine Berufsgruppe) als (passende Beleidigung hier einsetzen)bezeichne ist das tatsächlich etwas anderes. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich nicht alle Beamten für Arschlöcher halte.
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