Montag, 30. Januar 2012
Das Dorian Gray Syndrom
Es gibt Menschen, die werden scheinbar Zeit ihres Lebens nicht älter. Wenn man alte Fotos betrachtet vielleicht, aber irgendwie hinken die stets 10 bis 15 Jahre hinterher. Optisch. Horst Buchholz war so ein Typ, der konnte mit 40 noch jugendliche Lederjackenträger spielen. War als Schauspieler sicher nicht immer ein Vorteil, aber immerhin hat er es in John Sturges glorreiche Sieben geschafft, als jugendlicher Heißsporn. Da war er 27.
Meine Kollegin G. hat auch solche Gene, bei irgendeinem ihrer letzten Geburtstage hab ich mich richtiggehend erschrocken bei der Feststellung, dass die Frau so alt ist wie ich. Das war mir zwar bekannt, aber mit den Jahren vergisst man das einfach, wenn diese Leute nicht altern. Vampirismus kann ich wohl ausschließen, möglicherweise hängen da seltsam alternde Bilder an der Wand.
Bei Hawk hängt allerdings keins, das wüsste ich. Der Mann hat auch diese seltsamen Gene und wird immer 10 Jahre jünger eingeschätzt. Mindestens. Das hat man mir zwar auch schon mal bescheinigt, hatte aber ganz sicher nichts mit meiner äußeren Erscheinung zu tun.
Da die Freundinnen und Ex-Freundinnen natürlich auch alle noch mal 10 Jahre jünger sind, treibt sich auf Geburtstagspartys irgendwann allerhand Jungvolk herum, wahrscheinlich kommt man so zwangsläufig in die Lage, auch noch so etwas wie eine Mottoparty auszurufen.
Glücklicherweise war ich nicht der einzige Ignorant, der ohne Bademantel oder Handtuch kam. Wozu überhaupt Bademäntel? Ein Handtuch reicht völlig, weiß man doch. Das hätte ich wohl auch noch mitgemacht, wäre ich nicht direkt aus dem Stadion gekommen.
Das Handtuch ist, nebenbei bemerkt, nur wichtig für Anhalter. Ich benötige so etwas nicht. Trotzdem eine gelungene Feier, bei der Herr L. und ich, wie weiland Statler und Waldorf, auf dem Logenplatz das Geschehen sarkastisch kommentierten. Dabei half wie immer eine erstklassige Versorgung mit den gewünschten Getränken, sogar die Chefkoch.de-Variante des Donnergurglers war annehmbar.
War natürlich auch abzusehen, dass ich den besser vertrage als Hawk, wenigstens da sieht er immer älter aus *fg*.
Auch wenn das ein überaus irdisches Rezept war, mit diesem Namen ist nicht zu spaßen. Ich habe ganz vergessen zu fragen, ob er sich denn jetzt fühlt, als hätte man ihm gerade das Hirn mit einem in Zitronenscheiben gehüllten Goldbarren rausgedroschen, er erweckte jedenfalls stark den Eindruck.
Wird nicht jünger, aber immer besser: Ryan Adams & The Cardinals - Cold Roses
Sonntag, 29. Januar 2012
Einfrieren und auftauen
Die Gegengerade machte schon von außen einen sehr traurigen Eindruck in den letzten Wochen. Seit die Bäume abgeholzt wurden ist das sehr kahl geworden vorm Stadion, man glaubt gar nicht wie sehr so ein bisschen Grünzeug fehlen kann, auch wenn da vorher schon keine Blätter mehr dran waren.
Als ich dann die leeren Ränge vor Augen hatte, auf denen ich nur noch wenige Tage stehen darf, bevor dieses Stück Geschichte aus dem Herzen Sankt Paulis verschwindet und durch einen großen Betonklotz ersetzt wird, da wurde mir das Herz beinahe ein wenig schwer. Zu viele Geschichten im Kopf, aber die werden bleiben. Ein paar Quadratmeter, auf denen man nicht nur Siege gefeiert und Niederlagen betrauert hat. So manch einer hat auf diesen Stufen vielleicht sogar seine spätere Frau zum ersten mal geküsst. Naja, mindestens einer auf jeden Fall, aber das ist eine andere Geschichte.
Damals war es jedenfalls bedeutend wärmer als an diesem Samstag, an dem ich die völlig bescheuerte Idee hatte, mir bei gefühlten zehn Grad Minus das Testspiel gegen Grasshoppers Zürich anzusehen. Aber nachdem am Freitag die DVD der absolut großartigen Dokumentation Das ganze Stadion im Fanladen nicht zu bekommen war, weil sich das Paket noch in den Händen der Post befand, hab ich mir zum Ausgleich einfach mal eine Karte geholt. Da es die Scheibe auf jeden Fall am Spieltag geben sollte musste ich eh wieder hin, dann kann man auch gleich Fussi gucken. Da die Gegengerade dicht war versuchte ich noch vom Dartmeister zu erfahren, auf welcher Tribüne die paar Unentwegten denn nun sitzen, aber der Mann macht sein Handy nur an wenn er telefonieren will, folglich hab ich mich für die falsche entschieden und den Süden gewählt.
Bei Testspielen im Winter kann man eigentlich nur hoffen, dass die Jungs auf dem Platz irgend etwas herzerwärmendes zustande bringen, wenn man sich schon den Arsch abfriert. Was man nicht erwarten kann ist ein volles Stadion mit ordentlich Feuer unterm Dach, bunte Choreografien und erhitzte Gemüter. Daher hab ich mich schon vorher gewundert, als in der Presse von etwa 400 bis 500 anreisenden Züricher Fans die Rede war. Das sind 900 Kilometer. Für ein Testspiel? Was erwarten die hier? Volle Hütte, mal das legendäre Millerntor sehen und hinterher den Kiez unsicher machen? Haben die so viel Fußballfans oder kommt da mehr Eventpublikum an?
Gab leider auch ein wenig erwärmendes Spiel, die erste Hälfte lief zwar ganz gut, aber leider auf den Norden, dementsprechend wenig gab es zu sehen. Die Grashüpfer haben wenig zustande gebracht, mit zwei bis drei Ausnahmen, in denen Bene durch Flugeinlagen glänzen konnte. Ich finde ja sowieso, er hat sich das jetzt endlich mal verdient die Nummer 1 zu sein. Auch wenn er in der Vergangenheit für mindestens drei Herzattacken pro Spiel gut war, aber ich bin nicht so nachtragend. Ich seh das Aufstiegsgespenst ohnehin völlig entspannt. Aus der Überlegenheit wurde leider wenig Zählbares gemacht, das 1:0 von Ebbe war verdient, aber kommen sehen hab ich es nicht, der Süden ist einfach zu weit weg, Fußball muss man von der Seite gucken, stehend.
Völlig durchgefroren wollte ich mir in der Halbzeit gleich zwei Becher Glühwein gönnen, um beide Hände gleichzeitig zu wärmen, und konnte wie gestern schon mein überragendes Reaktionsvermögen unter Beweis stellen, als ich geschmeidig dem zweiten Becher entwich, der mir spontan über den Tresen entgegengeschleudert wurde. Lediglich mein braun-weißer Schal weist jetzt einige rosa Pünktchen auf, aber damit kann ich leben. "Dolles Reaktionsvermögen" entwich es ebenso spontan der Dame neben mir, die durch meinen seitlichen Ausfallschritt rein zufällig ebenfalls von der Dusche verschont wurde. Damit kann man auch noch punkten, man muss nur fix sein. Äppel klaun können und so..
In der zweiten Hälfte machte der Gästeblock auf sich aufmerksam, Pyro!!!1einself! Juhuuu! Feuer frei, Europacup. Stimmung, Ultra, Fußpilz, Hurra. Was für ne Show, wo sind wir hier? Irgendwie hab ich das geahnt, dass da die Showtruppe aus Zürich kommt. Der Nebel vernebelt unseren Jungs die Sinne und den Zürcher Fans die Sicht, da fällt der Ausgleich. Zu dumm, für beide Seiten.
Und sonst? Scheiß Sankt Pauli, ach ja. Kreativ. Ein beinahe rührender Versuch von zwei Jungs auf dem Zaun den Capo zu spielen, aber bei Testspielen sind da Vati und Mutti, die endlich mal den Nachwuchs mit ins Stadion nehmen können. Oder selber mal die Chance ergriffen haben ein Spiel zu sehen, weil man als Normalbürger halt nur für Testspiele Karten bekommt. Immerhin 6500 hat es bei der Kälte ins Stadion getrieben, das ist in Ingolstadt ne tolle Zahl bei Punktspielen, das muss man sich auch mal vor Augen führen.
Die müssen wahrscheinlich öfter so einen Grottenkick sehen wie die zweite Halbzeit. War irgendwie zu erwarten, als die bei Testspielen üblichen Wechselorgie begann. Die halbe Mannschaft austauschen und nix geht mehr. Dann fällt das Tor auch noch auf der falschen Seite, der Glühwein verliert seine Wirkung, die Kälte kriecht langsam bis unter die Haarspitzen. Also eins ist mal sicher, Testspiele guck ich nur noch im Sommer, es sei denn die spielen gegen Barcelona. Das ginge wohl auch nicht 1:1 aus.
Sollte die prophezeite Kältewelle wirklich zuschlagen, dann muss ich gegen Bochum die Wahl meiner Klamotten stark überdenken, mehrschichtig ist angesagt.
Nach dem Schlusspfiff nix wie weg, schnell am AFM Container die DVD gekauft, und dann noch Glück gehabt den Dartmeister zu finden, der mich auf dem Weg zum Skatabend am Bahnhof absetzen konnte. Den musste ich schweren Herzens absagen, wenn schon eine Geburtstagsfeier verschoben wird, nur weil an besagtem Tage die Black Keys spielen, dann hat man wirklich keine Wahl.
In Wandsbek den Bahnsteig betreten, 19:25. Ich guck auf den Plan, 19:24 fuhr die Bahn, die nächste in 30 Minuten. Na prima. Es wird wieder kalt, wo ich doch im alten Benz gerade wieder angetaut bin. Wo ist hier ein Baum, der Glühwein muss weg. Ach wie gut dass ich kein Mädchen bin, dass ich kein Mehehehehdchen bin. Bahnsteig runter, durch den Tunnel, in den Park, Baum. Kaum hatte ich den Ort der Erleichterung erspäht, hörte ich quietschendes Metall. Von wegen 19:24, diese dämliche Linie hat IMMER Verspätung, das hätte ich wissen müssen. Also rennen oder eine halbe Stunde frieren, ich bin gerannt und hab gewonnen.
Leichtes antauen dann in der Bahn, Herrn L. angerufen und mich zur Sportschau eingeladen, um endgültig aufzutauen. Bei nem Cola Whiskey und ner Zigarre Köln gegen Schalke sehen, direkt neben seinem Radiator. Wärme tanken tut auch mal gut. Abgesehen davon musste ich so den anstehenden Weg zur Festivität nicht alleine bestreiten, man muss immer praktisch denken.
Nicht nur aus praktischen Gründen schon länger im Player: The Detroit Cobras - Life, Love And Leaving
Samstag, 28. Januar 2012
Der neue Minimalismus
Über Nacht hat es hier tatsächlich geschneit, es ist Winter geworden, doch noch. Nicht umwerfend viel, aber genug um in Hamburg wieder für Verkehrschaos zu sorgen. Die ersten Auswirkungen hat das immer auf die vorhandenen Parkplätze, deren Anzahl mit zunehmender Schneehöhe rapide abnimmt, weil die Markierungen nicht mehr zu erkennen sind.
Da ich mit Parkplätzen in der Nähe der Sporthalle ohnehin schlechte Erfahrungen gemacht habe, hab ich öffentliche Verkehrsmittel bevorzugt, obwohl ich das Rauchverbot in der Halle einzuhalten gedachte und daher auch auf Sportzigaretten verzichten wollte. Ein Bier wollte ich mir eventuell genehmigen, mehr nicht. Abhängig von der Bierqualität.
Die Anreise kann man von hier aus auf zwei Arten bewerkstelligen, entweder man setzt sich in die U1, fährt den großen Kreis und steigt an der Zielhaltestelle wieder aus, oder man versucht das durch die Nordschleife abzukürzen, wodurch man allerdings gezwungen ist, gleich drei mal umzusteigen.
Natürlich war ich wie immer zu spät unterwegs und entschied mich, den genial ausgearbeiteten Plänen des HVV zu vertrauen, das Umsteigen sollte um diese Zeit eigentlich noch reibungslos funktionieren. Die Wartezeiten waren dann auch relativ kurz, aber der ganze Aufwand lohnt sich überhaupt nicht. Das hab ich festgestellt, als ich Kellinghusenstraße wieder in die U1 umgestiegen bin und dort die niedliche Blondine wiedergesehen habe, die ich 25 Minuten vorher erst verlassen hatte. Ich hätte also auch einfach sitzenbleiben können, mit nettem Anblick zudem, dumm gelaufen.
Goldlöckchen hatte auch das gleiche Ziel wie ich, erstaunlich viele Mädels waren unterwegs zu den Black Keys, vielleicht waren die aber auch scharf auf die Vorgruppe, Portugal.The Man.
Über diese Auswahl hab ich mich im Vorwege eigentlich auch gefreut, die Alben fand ich streckenweise nicht übel, war allerdings gespannt ob sie es schaffen würden, den Sound halbwegs auf der Bühne umzusetzen.
Vorm Bahnhof dann den Kosaken getroffen, der meinen Abstinenzversuch sofort zunichte machte, folglich war auf dem Fußmarsch zur Halle erst einmal ein Bier und eine konische Rolle angesagt, öffentliche Verkehrsmittel haben auch Vorteile. Damit war allerdings unser Vorhaben, auf dem Marsch zur Halle etwas Boden zu gewinnen, nicht gerade von Erfolg gekrönt. Die Jugend ist aber auch zu fix heute für nen alten Mann, der nebenbei auch noch trinken und rauchen soll. Zwischendurch der ein oder andere Schwarzmarkthändler, die heute allerdings schlechte Karten hatten, im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn Konzerte nicht ausverkauft sind kann man schon mal auf den Investitionen sitzenbleiben.
Auf der HVV Webseite steht zwar was von 10 Minuten Fußweg, aber wenn man den in einer recht sportlich ausschreitenden Meute verbringt und dabei ins quatschen kommt, dann kommt einem das wesentlich kürzer vor.
In der Halle wollte der Kosak den mobilen Bierverkäufer sofort mit üppigem Bakschisch überzeugen, möglichst alle 30 Minuten nach uns zu sehen, damit der Biervorrat nicht ausgeht. Das hielt ich für völligen Blödsinn, sowas kann man beim Fußball machen, bei Konzerten funktioniert das nicht. Als wir gerade am überlegen waren, ob wir zufällig in der Raucherecke der Sporthalle stehen, ging urplötzlich das Licht aus.
Das war ein Zeichen für die nächste konische Rolle, von denen der Kosak reichlich dabei hatte, wie er mir versicherte. Und ein Zeichen für Portugal.The Man, die aus Alaska kommen, nicht aus Portugal, und die auch mehr als ein Mann sind, nämlich derer sechs.
Warmer Empfang, und mit Got it All gleich eines der Stücke, die mir im Gedächtnis geblieben sind. Nice. Der Sound, naja, man soll dem Mann am Mischpult immer drei Stücke Zeit geben. Außerdem gilt ja wie immer die alte Regel: Vorgruppe, halbes Licht, halber Sound.
Der Soundbrei sollte sich zu meinem Ärger aber nicht bessern, dazu fing nach einigen Stücken die Kopfstimme des Herrn Gourney an mich zu nerven. Falsett kann ich nur in geringer Dosierung ertragen. So überzeugend war das alles nicht, der Beifall mehr höflich als begeistert, nach einer knappen halben Stunde war Umbaupause. Während der Kosak sich auf die Suche nach Bier begab, wollte ich das Loch im Bauch mit einer Bratwurst füllen. Unglücklicherweise stach mir auf dem Weg dorthin der Duft von Crepes in die Nase, auf eine derart gemeine Art und Weise, dass ich nicht widerstehen konnte. Adieu Bratwurst, willkommen Pfannkuchen. Daran sind nur die komischen Zigaretten schuld.
Der Vorteil von okkupierten Sitzplätzen ist, man findet sich recht einfach wieder. Mit einem frischen Bier in der Hand, und der Gewissheit, sich wirklich in der Raucherecke zu befinden, fingerte der Kosak schon wieder in seiner Jackentasche rum, als das Licht zum zweiten mal ausging.
Ich hab ja eher was minimalistisches erwartet, Black Keys halt, Gitarre, Schlagzeug und ein wenig Licht. Und einen knackigen Anfang, daher hab ich einfach mal vorausschauend gefilmt, das klappt mit der kleinen Ixus sowieso meist besser als die Knipserei.
Der Anfang war auch so knackig wie erhofft, Howlin' For You, genau das hätt ich mir auch ausgesucht, und schon gingen die Leute ab. Sitzen war mir auch zu langweilig inzwischen, dafür hab ich keine 40 Euro bezahlt. Nicht ganz so minimalistisch wie erwartet, zwei Mann Verstärkung dabei, mit Bass ist besser, und Keyboards sind auch mal ganz nett zwischendurch. Und Licht. Viel Licht. Sehr viel Licht. Das also waren die vielen komischen runden Dinger, die sie da an die Bühnenwand gehängt hatten. Flakscheinwerfer. Damit war meine Kamera natürlich heillos überfordert, zumal noch eine monströse Spiegelkugel von der Decke hing, die Jungs meinen es definitiv ernst, die wollen Stadien erobern.
Für die Sporthalle hat es noch nicht ganz gereicht. Für Stadien ist Auerbach zu wenig Entertainer, wenn er von 5000 Leuten mehr als 500 ins Hüpfen bringen will, dann muss mehr kommen als aaaaaw, thank you. Es kann auch hilfreich sein, ab und zu drei Dinger durchzurocken, statt sich nach jedem zweiten Song noch mal mit den Kollegen auszutauschen. Dafür gibt Patrick Carney am Schlagzeug das Bühnentier, mit seiner Nerdbrille und dem Haarschnitt wirkt er wie ein Jurastudent im ersten Semester, aber wenn er an seiner Schießbude sitzt verwandelt er sich zeitweilig in das Tier aus der Muppet Show.
Mit Zugabe waren es etwa 90 Minuten, das ist nicht umwerfend viel, aber hat Spaß gemacht. Für 40 Euro würde ich mir die glatt wieder antun, für mehr aber auch nicht.
Kopfstimme gabs dann zum Abschluss noch mal von den Black Keys, live kann Auerbach das nicht, deswegen klang The Only One leider etwas kläglich. Aber immer noch besser als der ganze Rest vom Portugalmann aus Alaska.
Vielleicht bin ich zu kritisch, aber das letzte mal in der Sporthalle, das war Pearl Jam, vor 12 Jahren. Und dieses Konzert wird nicht mal von Pearl Jam selber zu toppen sein.
Über den Rest des Abends breite ich den Mantel des Schweigens, die Rückfahrt wurde durch eine junge Dame geadelt, der es offensichtlich nicht besonders gut ging, was mich wesentlich mehr beunruhigte als ihren Begleiter, denn ich saß ihr gegenüber. Wenn es ihr ganz besonders schlecht ging hielt sie sich den Mantelkragen vor den Mund, was ich als eindeutige Warnung vor spontan austretenden Körperflüssigkeiten aus dafür nicht vorgesehenen Öffnungen betrachtete. Nach einer trügerischen Phase der scheinbaren Lagenentspannung geschah das, was man von spontan austretenden Körperflüssigkeiten erwartet.
Und ich kann schon mit gewissem Stolz vermelden, dass ich trotz meines inzwischen ziemlich angeschlagenen Zustands immer noch verteufelt gut reagieren kann, wenn ich auf etwas vorbereitet bin. Daher hat sie mich nur am rechten Schuh erwischen können, besser als das linke Bein. Aber die Outdoorbotten können das ab, so ein bisschen gammelige Nudelsuppe, die war im nächsten Haufen Schnee wieder weg.
Und weils so schön war läuft immer noch The Black Keys - Brothers
wird Zeit in die Kiste zu springen, morgen ist Fußball und ne Geburtstagsfeier und eigentlich wäre sogar Skatabend gewesen, wenn nicht der Geburtstag wär. Abstinent bin ich dann nächstes Wochenende mal.
Mittwoch, 25. Januar 2012
Unser Mann im All
Im letzten Jahr konnte ein Unsterblicher seinen fünfzigsten Geburtstag feiern, und ich hab glatt vergessen zu gratulieren, dabei kannte ich den ganz gut, jedenfalls als er noch jünger war. Nun sind 50 Jahre nicht gerade viel für einen Unsterblichen könnte man meinen, doch wenn man bedenkt, dass es sich dabei nur um den Helden sogenannter Groschenhefte handelt, auch gerne als Schundliteratur bezeichnet, dann ist das schon eine reife Leistung.
Kennengelernt habe ich Perry Rhodan eher zufällig. Damals stand an der Bushaltestelle neben der Schule eine Bude, deren Besitzer außer Zigaretten und Zeitungen auch immer einen Pappkarton mit alten Schundromanen bereithielt, Jerry Cotton und ähnliches Zeug, für 10 Pfennig pro Heft, immer ein ganzer Schwung Perry Rhodan dabei. Für Lesesüchtige mit schmalem Taschengeld die einzige Möglichkeit, die Zeit bis zum nächsten Karl May zu überbrücken, denn dicke Bücher gab es nur zu Weihnachten oder an Geburtstagen. Mir stand der Sinn bei Groschenheften eher nach Kommissar X, noch besser fand ich nur die Schwarze Fledermaus, eine Art Batmanvorläufer, doch leider waren die selten zu bekommen. Jerry Cotton mochte ich nicht und Science Fiction hielt ich für ausgemachten Blödsinn.
Aus purem Frust, und weil zwei meiner ebenfalls lesesüchtigen Freunde inzwischen das Zeug verschlangen, habe ich dann irgendwann doch zugegriffen. Den Titel weiß ich heute noch, Band 311, Tödliche Fracht nach Danger I. Hammer, war das Ding spannend. Da musste ich unbedingt wissen, wie die Geschichte weitergeht. Das erwies sich als schwere Aufgabe, denn die gebrauchten Hefte aus dem Pappkarton tauchten natürlich nur sporadisch in der richtigen Reihenfolge auf, damals gab es schon die zweite Auflage der Serie, das war alles bunt gemischt. Dazu hatte ich noch zwei Jungs als Konkurrenz, die Kreuzerzwillinge, was irgendwann in Wettläufen nach Schulschluss endete, die ich meistens verlor. Auf 100 Meter war ich zwar im Sport immer Klassenbester, aber die Bude war gut 800 Meter weg und Langstrecken waren nicht mein Ding. Wir haben die Hefte dann getauscht wenn wir damit durch waren, trotzdem blieb es schwierig der Handlung zu folgen, wenn zwischendurch Lücken von mehreren Heften zu verkraften waren.
Irgendwann erschien die dritte Ausgabe am Kiosk, die Chance bei Heft 1 anzufangen konnte ich mir nicht entgehen lassen, auch wenn das die wöchentliche Mehrausgabe von 80 Pfennigen bedeutete. Mein alter Herr war davon ebenfalls nicht sehr angetan, auch wenn er selber dämliche Westernromane von G.F.Unger las, bei denen der gute Revolverheld am Ende immer das rothaarige grünäugige Mädchen bekam. Jeder hat so seine Vorlieben, auch Groschenromanautoren.
Science Fiction wurde also von den Erwachsenen im Hause Beeblebrox weiterhin als großer Blödsinn abgetan, während die Jugend durch Cliff Allister McLane und Tamara Jagellovsk im Fernsehen noch weiter angefixt wurde. Raumpatrouille Orion konnte ich mehrfach noch als Hörspiel genießen, denn einer der Kreuzerzwillinge besaß glücklicherweise schon ein Tonband und durfte die Serie mit dem Mikrofon aufnehmen, an Perry Rhodan hab ich erst nach Band 400 langsam das Interesse verloren, da wurde es wirklich zu albern, oder ich zu alt.
Science Fiction finde ich aber immer noch gut, Raumpatrouille Orion besitze ich selbstverständlich als Special Edition, und Star Wars war damals schon im Kino eine Delikatesse für mich, was man vom Perry Rhodan Film nicht gerade sagen konnte, aber dieses Epos könnte nicht einmal Peter Jackson verfilmen.
Das ist auch ganz gut so, hab ich vor ein paar Jahren festgestellt. Da hat hier jemand die (damals) komplette Perry Rhodan Serie angeschleppt, Band 1 bis 1600, alle auf einer CD. Inklusive Titelbild und den beliebten "Risszeichnungen" der Raumschiffe des Perryversums.
Gigantische Raumschiffe, Ultraschlachtschiffe der Galaxisklasse, Flaggschiffe der Flotte mit 2500 Metern Durchmesser. Aus Terkonitstahl! Mit Hochenenergieüberladungsschutzschirmen! Modernste Technik, riesige Komputer(!) die laufend Lochstreifen ausspuckten, die so kryptisch waren, dass nur Spezialisten sie entziffern konnten. Meistens jemand aus der Funkzentrale oder aus der Kommandozentrale. Vielleicht auch aus der Feuerleitzentrale, die man für die x-hundert Transformkanonen, Impulskanonen und Desintegratoren brauchte, muss ja jemand bedienen können das ganze Zeugs. Selbstredend waren die Zentralen alle durch modernste Technik verbunden, armdicke Kabel laufen da durch die Schächte, die Bildübertragung ist schon weit fortgeschritten und auch das Rohrpostsystem hat man nicht vergessen. Für die Lochstreifen, denn wenn die verschlüsselt waren musste mindestens der Käptn ran, wenn nicht gar der Großadministrator selber.
Diese Lochstreifen waren nicht aus schnödem Papier, Plastik war das Material der Stunde. Fast alles war aus Plastik, wenn es ganz besonders stabil sein sollte aus Stahlplastik. Schließlich spielt das, äh, in der Zukunft. In der Zukunft, wie man sie man sich so ab 1961 etwa vorgestellt hat, und das reizt natürlich fünfzig Jahre später sehr zum Lachen. Die von Clark Darlton aka Walter Ernsting geschriebenen Hefte fand ich schon als Kind zu albern, dass Kurt Brand ein noch sehr viel schlechterer Autor war ist mir damals nicht aufgefallen, absolut grausames Zeug. Kein Wunder, dass seine eigene SF-Serie nach dem Ausstieg bei Perry Rhodan nicht von Erfolg gekrönt war. Die Hefte der anderen Autoren lassen sich aber heute auch noch lesen, wenn man sich vor Augen hält, wann das geschrieben wurde. Politisch ist das recht zweifelhaft, mit 11 Jahren nimmt man das nicht so wahr, heute möchte man bei manchen Sätzen mit dem Kopf auf der Tischplatte aufschlagen. Zu dieser Zeit wurden, man erinnere sich an Heinrich Lübke, Menschen afrikanischer Herkunft immer noch als Neger bezeichnet. Aber immerhin waren sie bei den Guten unter Vertrag, wie der Teleportermutant Ras Tschubai.
Der entdeckte irgendwann in höchster Not, als er in Afrika von einem Leoparden verfolgt wurde, diese seltsame Gabe und wurde daraufhin festes Mitglied des Mutantenkorps. Lauter Strahlenopfer, die durch radioaktive Einwirkungen tolle Fähigkeiten entwickelten. Teleporter, Telekinesen, Telepathen, sogar einen der durch die Zeit reisen konnte, den hats dann aber irgendwann gerafft bei seiner Reiserei. Sehr viele Japaner darunter, natürlich, die hatten ja die größte Dosis überhaupt bekommen. Trotzdem trugen alle Atomuhren am Handgelenk, und auch Atomlampen waren Standardausrüstung, wenn mal das Licht ausfiel bei Aliens im Haushalt.
Mutanten, superintelligente Wirtschaftsmagnaten, kräftige umweltangepasste Soldaten und ein unsterblicher Führer, die Basis des Solaren Imperiums, womit wir wieder bei der politischen Fragwürdigkeit wären. Die haben schon wieder kräftig Kolonien gegründet mit ihren Ultraschlachtschiffen. Die Kriege waren an Gigantomanie nicht zu übertreffen, aber die anderen Außerirdischen neideten halt den Erfolg der tüchtigen Terraner, und irgendwann gabs auf die Nase.
Letztes Jahr wurde ich mal wieder an Perry Rhodan erinnert, wieder war es so eine Art Pappkarton, in dem ich ihn gefunden habe. Das Perry Rhodan Adventure, für 5 Euro auf dem Softwaregrabbeltisch. Aus alter Verbundenheit natürlich mitgenommen und sogar durchgespielt. Ganz ohne Ultraschlachtschiffe diesmal, war gar nicht so übel. Des Öfteren etwas unlogische Rätsel, aber Science Fiction und Logik passen ohnehin nicht zusammen. Adventures sind nicht mehr so ein Problem, wo man heutzutage die Lösungen im Netz nachschlagen kann. Per Rohrpost hätts länger gedauert.
Musik auch grad ne Ecke älter: The New York Rock Ensemble - Roll Over
Samstag, 21. Januar 2012
Paradies für Krabbenjunkies
Eigentlich wollte ich nur kurz bei meinem Fischmann vorbeigehen um etwas Krabbensalat zu kaufen, aber da der Geldautomat direkt am Markt ist, hab ich beschlossen noch etwas zwischen den Marktständen zu schlendern. Die meisten Händler waren da schon mit dem Abbau beschäftigt, daher wollte ich schon wieder gehen, als ich DEN Stand entdeckte.
Nicht etwa einen Fischhändler der ein paar Nordseekrabben im Angebot hat, einen reinen Krabbenhändler. Jenseits von Büsum, Nordseekrabben satt, gepult, ungepult, als Salat und als Krabbenfrikadelle, eine Spezialität die im Normalfall allenfalls in den Pfannen von Krabbenfischern zu finden ist. Alles tagesfrisch und hausgemacht, nicht etwa in Marokko gepult wie die Dinger von Feinkost Albrecht, was mir der Händler versicherte.
Genau das wollte ich eigentlich gerade bei meinem Fischmann kaufen, teilte ich dem Besitzer mit, der von seiner Qualität sehr überzeugt schien. Den wirssu wohl in Zukunft nich mehr brauchen, erwiderte er mit breitem norddeutschen Tonfall, hiä is alles frisch, alles hausgemacht, auch die Mayoneese, dat is der beste Krabbensalat den Du kriegen kanns. N bessern giff dat nich. Extra fürn Krabbensalat gemacht die Mayoneese, is genau abgestimmt. Un vor allem: mehr Krabben als Mayo, so wie sich dat gehöat. Seine beiden Kompagnons im Wagen nickten zu seinen Worten im Takt, wie ein paar Marionetten, und grinsten dabei über das ganze Gesicht, da hab ich den Versuch gewagt. Eigentlich war das kein Wagnis, so wie die Dinger aussahen, und das hat sich denn auch fast alles bestätigt. Die Krabbenfrikadellen schmeckten so gut wie meine selbst gebratenen, nur das sie nicht heiß aus der Pfanne kommen. Die Krabben sind frisch, das merkt man schon beim pulen, und auch der fertige Salat war ziemlich gut.
Ziemlich. Deshalb liegt mein Fischmann weiterhin auf dem zweiten Platz der Krabbensalatmanufakturen, denn bei der Mayonnaise schmecke ich leider eine leichte Dillnote heraus, darüber müssten wir also nochmal reden.
Falsch abgestimmt, das ist Pech. Ich hasse Dill, aber das konnte der gute Mann ja nicht wissen.
Gut (ab)gestimmt: Charlie Pickett - Bar Band Americanus
Freitag, 20. Januar 2012
Man muss sich auch mal trennen können
Gedanken die mit "man könnte mal" anfangen sollte man sofort wieder verwerfen, das wird sowieso nichts. Was man aus Zeitmangel auf die lange Bank schiebt, macht man meistens auch später nicht, weil sich das unheilvoll summiert. Wenn man schon anfängt Dinge unter "mach ich wenn ich Rentner bin" abzulegen wird es kritisch.
Die Erfahrung hat mir gezeigt, was ich in den Keller schleppe, das kann ich auch gleich auf den Müll bringen. Dinge, die man seit Jahren nicht mehr angefasst hat, die hat man auch nicht gebraucht. Und ich neige leider auch fatal dazu, alle möglichen Dinge aufzubewahren, denn "man könnte ja mal..."
Ich brauchte die alten Amiga Magazine doch nicht mehr, die ich wegen des tollen Deluxe Paint Kurses unbedingt aufbewahren musste, ich mach nichts mehr mit Deluxe Paint, der Amiga verstaubt im Schrank, weiß nicht mal ob der überhaupt noch funktioniert. Daher hab ich die Magazine vor zehn Jahren endgültig entsorgt, dafür stapelte sich irgendwann der Rolling Stone, natürlich ordentlich aufbewahrt in Boxen. Acht Jahrgänge, die ganzen Promotion CDs standen daneben im Regal. Warum? Keine Ahnung, ehrlich.
Wenn auf den CDs mal etwas anständiges drauf war habe ich mir das entsprechende Album meist besorgt, ich spiel die nicht mehr ab.
Die Hefte brauche ich auch nicht mehr, habe ich eigentlich nie gebraucht. Ich sammle ja auch nicht die Tageszeitung, wozu also den Stone? Ich weiß heute nicht mal, welcher "man könnte" Gedanke dahinter stand.
Den 19" Monitor hab ich auch gleich auf den Recyclinghof gebracht, auch wenn er noch funktioniert und der beste Monitor seiner Klasse war. Sauteures Stück damals, aber heute nimmt den keiner mehr geschenkt. Dadurch wurde allerdings das Elend im Regal dahinter vollends sichtbar. Lauter Zeugs, das ich seit Jahren nicht mehr angefasst habe, das muss alles weg. Computerliteratur aus der Steinzeit, Software die ich nicht mehr installieren werde bzw. nie installiert hab, darunter sogar Originalspiele, aber ob Wing Commander IV unter Windows 7 überhaupt noch läuft werde ich sicherlich nicht einmal testen. Ich hab ja auch gar keinen Joystick mehr.
Unter den Büchern seh ich auch auf Anhieb einiges für den Müll, die würde ich nicht mal verschenken wollen. Die letzten alten Festplatten sind mit dem Monitor zusammen im Elektroschrottcontainer gelandet, ursprünglich wollte ich aus den glänzenden Innereien ein schickes Terabytemobile basteln, eine dieser "man könnte mal" Ideen, deren Priorität nicht hoch genug war bisher. Also mehr was für die Rente, jetzt dämmert mir langsam, warum Rentner oft so wenig Zeit haben, die sind in die gleiche Falle getappt.
Damit mir das in zehn Jahren nicht auch so geht, werde ich in den nächsten Wochenenden exzessiv weiter entsorgen. Da wird sich in jedem Zimmer etwas finden lassen.
Steinalt, aber trotzdem nicht für die Entsorgung bestimmt: David Crosby - If I Could Only Remember My Name
Montag, 16. Januar 2012
Abflug, Axtmord, Autokino
Wenn ich etwas liebe, dann sind es Gäste, die man problemlos stundenlang um die Ecken scheuchen kann. Perfekt wird es, wenn derjenige zu möglichst passender Zeit auch noch den richtigen Appetit entwickelt und mir die Wahl des Restaurants überlässt, insofern war Cisne natürlich ein echter Glücksgriff an diesem Wochenende, aber das wusste ich vorher schon. Überhaupt erweist sich so ein kulinarischer Streifzug am Wochenende auch im Nachgang als sehr entspannend, denn da wir auch das Frühstück beim Hansebäcker eingenommen hatten, ist die Küche bis auf wenige Teller und ein paar Kaffeebecher fast jungfräulich geblieben. Sogar das Gästezimmer sieht aus wie vorher, das bin ich von den Regenwaldchaoten eher nicht gewohnt. Frauen sind einfach pflegeleichter, stell ich immer wieder fest.
Da ihr Abflug erst um 21 Uhr terminiert war blieb noch ein voller Tag, an dem ursprünglich der Besuch des Gewürzmuseums in der Speicherstadt auf dem Plan stand. War mir sehr recht, denn das hatte ich ebenfalls noch nicht gesehen, und die Speicherstadt ist ohnehin ein Punkt, der bei einem Besuch der Hansestadt nicht fehlen darf. Dummerweise zieht das Gewürzmuseum gerade um und ist bis zum 19.Januar geschlossen, aber wider Erwarten gibt es Frauen die am Miniatur Wunderland interessiert sind, wenn man da nicht gerade eine Stunde anstehen muss.
Mussten wir nicht, fünfzehn Minuten waren ausgerufen, zehn waren es vielleicht. Dann über drei Stunden gucken und staunen, fast so anstrengend wie eine Wanderung im Treppenviertel. Auch beim zweiten mal ist das noch faszinierend, was da an kleinen Details zu erspähen ist. Zumal auch viele Szenen dazukommen oder verändert werden. So hab ich die lustige Radarfalle mit Geschwindigkeitsanzeige auf dem U.S. Highway vermisst, aber später irgendwo in Deutschland wiedergefunden. In Knuffingen brennt inzwischen nicht nur ein Haus, da werden auch brennende Tiertransporter auf einer Brücke gelöscht, wie gewohnt mit vollem Einsatz, inklusive Straßensperren.
Gewaltig ist der Hamburger Flughafen geworden, Hotels, Hallen, volle Parkhäuser, sogar die Taxiflotte haben sie nicht vergessen. Da alleine steht man schon mal eine halbe Stunde und beobachtet Abflüge und Ankünfte, Busse und Tankwagen, die zwischen den zur Startbahn rollenden Flugzeugen hin und her wuseln.
Die Eisenbahn wird dabei völlig zur Nebensache, dafür gibt es einfach zu viel zu entdecken. Mitunter auch ein paar Merkwürdigkeiten, denn wer das AFFA auf ein Haus in der Hamburger Hafenstraße gepinselt hat, der hat da gewaltig etwas durcheinandergebracht. Das heißt ANTIFA Kinners, mit den Hells Angels haben die nix am Hut.
Was man auf keinen Fall versäumen sollte, ist der Blick in das eine oder andere erleuchtete Hotelzimmer, während der Nachtphasen. Toll gestaltet alles, sehr liebevoll. Zwischenmenschliches gibt es häufiger zu entdecken, in skandinavischen Dünen oder deutschen Sonnenblumenfeldern, es menschelt viel da. Manchmal meuchelt es auch, wie bei der Harzer Wasserleiche. Eine andere Mordszene habe ich erst auf den Fotos gefunden, den Axtmord wird wahrscheinlich auch nur jemand entdecken, der zufällig das Schwimmbad mit den Wasserrutschen knipst, und nicht nur das Autokino, die stark frequentierten Dixiklos beim DJ Bobo Open Air, oder bayrische Festumzüge.
Eins ist aber ganz sicher, bevor ich den Laden ein drittes Mal betrete hab ich ein anständiges Makro für meine Spiegelreflex, nochmal tu ich mir das mit der Ixus nicht an.
Und ganz sicher geh ich dann hinterher auch wieder ins Ti Breizh, meine Wahl des heutigen Tages, auf die ich auch nur gekommen bin weil zufällig gegenüber ein Parkplatz frei war. In diesem Moment fiel mir siedendheiß ein, dass ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit kein Crêpe Suzette mehr zum Dessert hatte.
Üblicherweise nehme ich da immer vorweg die Galette Estivales, was mir heute verwehrt blieb, da ich grundsätzlich nicht das gleiche Essen bestelle wie meine Begleitung. Statt sich dafür an Julian, mit Birne, Schinken, Roquefort und Walnüssen zu delektieren beschloss ich ein Wagnis und bestellte zum ersten Mal die Poulet Basquaise, denn pikanten Hähnchen kann ich durchaus etwas abgewinnen.
Ganz besonders vor einem Crêpe Suzette. Den durfte ich heute ganz alleine aufessen, was mir bei meiner Holden nie passiert, auch nicht wenn sie kurz darauf ins Flugzeug steigen muss.
Perfekte Gäste machen perfekte Wochenenden. Aber ab jetzt ist Schmalhans Küchenmeister.
Musikmeister momentan: T-Bone Burnett - The True False Identity/Tooth Of Crime
Sonntag, 15. Januar 2012
Storch mit Geschmack
Störche sind Braun-Weiß, mindestens jedoch einer. Den findet man in der Wieauchimmer-Arena, und er zeigt ganz deutlich, was er vom Heimverein hält. Suchen sollte man ihn aber nicht in St. Ellingen, denn er ist nur ein kleines sympathisches Detail im Miniatur Wunderland.
Das allerdings ist in vielen weiteren Details eine sehr realistische Abbildung wirklichen Lebens, so werden zum Beispiel die St.Pauli Fans vor dem WiewarderNamegradnoch-Stadion auf übliche Weise von der Hamburger Polizei eingekesselt. Völlig unrealistisch ist allerdings die Anzeigetafel der Namewechseldich-Arena, die frecherweise eine 3:1 Führung des Hamburger SV gegen den FC St.Pauli anzeigt.
Selbstverständlich sah ich mich dadurch gezwungen, am Ende der großen Modelleisenbahnbesichtigungstour eines der ausliegenden Formulare auszufüllen, da Feedback ausdrücklich erwünscht war. Wenn die dort schon ein Derby stattfinden lassen, dann muss auf der Tafel das Ergebnis des letzten Duells stehen, und das endete bekanntlich 0:1.
Samstag, 14. Januar 2012
Fitnesspfade
Das Blankeneser Treppenviertel ist wunderbar geeignet um angefressene Pfunde wieder abzulaufen, um Besucher herumzuführen, und vor allem, um auf diesem Wege Platz zu schaffen für neue kulinarische Spezialitäten. Bis man so ein Stück Rhabarberkäsekuchen verdaut hat brauchts ganz schön lange. Zwischendurch haben wir uns mit vielen kleinen Geschmacksproben auf dem Schlemmermarkt in der Fabrik vergnügt, zusammmengenommen war das allerdings auch schon eine kleine Zwischenmahlzeit. Brot mit Pesto, Brot mit Butter, Brot mit Frischkäse, Saucen und Marmeladen, Suppen aus Tomaten, Karotten oder Rindern, Käse, zahnfreundliche(!) Schokolade, Nüsse, Chutneys und keine Ahnung was noch, man verliert schnell die Übersicht. Die Übersicht im Portemonnaie ging leider auch schnell verloren, ich hab schon wieder jede Menge Spezialitäten eingepackt. Dabei hätte nicht nur ich deutlich mehr kaufen können wollen, es siegte letztlich die Vernunft. Ich kann da ja theoretisch jeden Samstag wieder hinfahren um mir Chiligelee, Bergkäse, Weichselkernöl oder Macadamiapesto zu holen. In zwei Wochen werd ich das sowieso müssen, denn dann ist das nette Mädel von Glück im Glas wieder da, der werde ich dann sämtliche verfügbaren Gläser ihrer unglaublichen Birnenmarmelade abkaufen und vielleicht noch ein paar Sorten mehr.
Die anschließende Fitnessstour führte an den Elbstrandwracks vorbei, zum Falkensteiner Ufer und durch das Treppenviertel hoch zum Süllberg, auf dem sich das übliche Volk herumtrieb. Blondierte Elbletten mit Gutschisonnenbrillen, Designerjeansmackertum und laufende Pelzmäntel. Eigentlich ein furchtbares Publikum, aber der Blick von dort oben ist normalerweise einfach traumhaft. Es sei denn, man stellt die halbe Terrasse mit einer "zünftigen" bayrischen Skihütte zu. Aus kaufmännischer Sicht allerdings wohl der Knaller, das Ding soll brechend voll gewesen sein. Was ich nicht selber in Augenschein nehmen konnte, da ich einen der drei Strandkörbe bewachen musste und meinen Cappuccino dafür freundlicherweise serviert bekam.
Der Rückweg hat ein Übriges getan, der Appetit wuchs langsam wieder, und die Frage des Tages stand an, indisch oder koreanisch. Cisne entschied sich für den Koreaner, was mich innerlich jubilieren ließ, endlich mal wieder Bulgogi. Doch leider wurde der ansonsten perfekte Tag durch den extrem ärgerlichen Umstand getrübt, dass es den Koreaner in der Eiffestraße nicht mehr gibt. Hier herrscht scheinbar grad das große Asiatensterben, mein Chinamann geht in Rente und nun auch noch das. Jetzt kann ich wieder lange suchen, bis ich etwas vergleichbares finde.
Aber dafür weiß ich wo es grandiose Birnenmarmelade gibt, das ist ja auch was wert.
Auch was wert: Bob Dylan - New Morning
Freitag, 13. Januar 2012
Bloß nicht anfangen zu zählen
Ich sollte mir angewöhnen, bei jeder meiner Kalkulationen am Ende noch 30 Minuten draufzuschlagen, dann könnten meine Berechnungen stimmen. Dabei war meine to-do-Liste bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, 8 Uhr aufstehen, Kaffee, Kippe, Arzt, Apotheke, Bank, Kaffee kaufen, Flughafen. Bis zum Arzt hat das noch geklappt, ich hab nur nicht damit gerechnet auf ein telefonisch angefordertes Rezept ganze 10 Minuten warten zu müssen. Kurz darauf fiel mir ein, dass bei Inlandsflügen wohl keine großartigen Zollkontrollen stattfinden werden, und dass man mit Handgepäck nicht auf seinen Koffer warten muss. Damit lösten sich weitere 10 Minuten Sicherheitspolster in Luft auf.
Also mal wieder fluchend durch den Verkehr gewühlt, ohne Rücksicht auf Verluste, ich lern das wohl nicht mehr. Ahja, jetzt wo ichs schreibe fällt mir auf, warum ich das wohl nicht lerne. Ich schaff es irgendwie doch immer. 20 Minuten bis zum Flughafen sind glaub ich auch neue Bestleistung.
Und alles für nix, Flugzeuge sind inzwischen ähnlich zuverlässig wie die Deutsche Bahn, glatte 90 Minuten Verspätung. Zu wenig um wieder zu fahren, aber man könnte den Rest des Programms im Flughafen erledigen. Erst mal zum Geldautomaten, den gabs auch gleich von der richtigen Bank. Apotheke gabs auch, leider nicht das Zeugs auf meinem Rezept, aber das geht auch morgen noch. Dafür immerhin noch eine Kippe und nen großen Kaffee zur Zeitung, Verspätungen haben auch ihre Vorteile.
Bei der ganzen Hetzerei habe ich bestimmt ein paar Kalorien verbraten fällt mir grad ein, die kann ich zu den Kalorien addieren, die beim nachmittäglichen Marsch von der Außenalster zum Rathaus und zurück draufgegangen sind. Ich muss die zählen um mein Gewissen zu beruhigen, denn das war schon Hardcore heute, aber wenn ich anfange das gegeneinander aufzurechnen, nee, das geht nicht gut.
Die liebe Cisne wollte unbedingt DEN Kuchenladen besuchen, und aus Erfahrung weiß ich, da sind die Augen immer größer als das Fassungsvermögen. Eigentlich darf man den gar nicht betreten, das ist schon der erste Fehler. Ergebnis der längeren Beratung, jeweils drei Stück Torte für uns beide, zwei Gläser Lemon Curd für meinen Kühlschrank und als verspätetes kleines Frühstück für jeden einen Cookie auf die Hand. Und was für einen Cookie, mächtig Double Chocolate und mächtig Nüsse. Hätte ich geahnt wie die Dinger schmecken...
Was für ein Glück, dass ich es nicht geahnt hab. Sonst hätte ich die große Portion Fisch auf der Veddel nicht geschafft, der als fester Plan zum Mittag vorgesehen war, den Kartoffelsalat musste ich schon großenteils liegen lassen. Opfer des Cookies.
Die Torte gab es dann Stunden später zum Dessert. Da die Augen immer größer sind, nur jeweils zwei Stücke, mehr war einfach nicht zu schaffen. Folglich fängt der morgige Tag mit Torte zum Frühstück an, danach gehts zum Schlemmermarkt in die Fabrik, den restlichen Tag hab ich noch nicht ausgearbeitet, da wird improvisiert. Wahrscheinlich erhöhter Kalorienverbrauch im Treppenviertel und anschließend eher exotische Genüsse, die liegen nicht so schwer im Magen. Dann könnte man später endlich eine dieser gigantischen portugiesischen Direktimporte verspeisen, die man dort unten als "Orange" kennt. In Deutschland sind die garantiert verboten, weil sie der europäischen Norm für Orangen nicht entsprechen. In den Kisten der hiesigen Obsthändler findet man in der Größe höchstens Pampelmusen.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob sich dieses Wochenende zum Traum oder zum Alptraum entwickelt, nur eins weiß ich ganz bestimmt. Auf die Waage steig ich erst in zwei Wochen wieder.
Schwere Musik für schwere Mägen: Maya Beiser - Provenance
Donnerstag, 12. Januar 2012
Kann jemand das Licht anmachen, bitte?
Die Welt ist ätzend grau, feucht und dunkel. Täglich, gefühlt schon seit Monaten, ohne Aussicht auf Besserung. Morgens um 10 Uhr schaffe ich es nicht einmal, die Socken vom Wäscheständer abzunehmen und zu sortieren, weil ich bei diesem "Tageslicht" dunkelblau und schwarz nicht auseinanderhalten kann. Als ich mit dem Staubsauger unterm Sofa herumwurschtel, rollt mir klingelnd ein Katzenspielzeug über den Weg, und die Welt wird schlagartig noch etwas düsterer.
Ich brauche dringend Ablenkung, ein wenig Sonne könnte dabei nicht schaden, denn momentan schlägt mir alles aufs Gemüt. Morgen bekomme ich Gott sei Dank sonnigen Besuch, ab morgen wird alles besser, hoffentlich auch das Wetter.
Meine geplante Gewichtsreduktion wird zwar unter diesem Wochenende gewaltig zu leiden haben schätze ich, aber für drei Tage kann man die Fasterei auch mal unterbrechen.
Dienstag, 10. Januar 2012
Homer, 1999 - 2012
Das ist ja mal ein origineller Name für einen Kater, sagte der Tierarzt vor Jahren bei einem unserem ersten Termine, nach einem Blick in die Akte. Homer, wie der griechische Dichter? Ähm, nein, erwiderte ich, eher wie Homer J. Simpson, der verfressene Dicke aus dem Fernsehen. Im ersten Moment schien er ein bisschen enttäuscht ob der Klarstellung, aber das hielt nicht lange an, denn wenn der Dicke eines noch besser konnte als Futter aufspüren, dann Herzen erobern, und wir mussten oft zum Tierarzt. Schon nach einem halben Jahr das erste mal, als er unter krampfartigen Anfällen litt und sich herausstellte, dass wir uns einen Epileptiker ausgesucht hatten. Die Anfälle waren glücklicherweise relativ selten, aber ein Grund, ihn nicht auf die Straße zu lassen, das war viel zu gefährlich. So blieb er Zeit seines Lebens Stubenkater und sehr auf Menschen fixiert.
Da war er auch nicht wählerisch, wer ihn gestreichelt hat war bester Freund, für Menschen mit einer Katzenallergie oder Phobie konnte das sehr anstrengend sein, aber selbst ängstliche Naturen haben irgendwann gemerkt, dass der keiner Fliege was tut. Naja, Fliegen waren die Ausnahme, die hat er schon mal erledigt, sogar Wespen gehörten zum Spielzeug, was mich zeitweilig sehr beunruhigt hat, doch da konnte er wohl sehr geschickt mit umgehen, ich hab immer nur die Leichen gefunden.
Überhaupt wurde er anfänglich oft unterschätzt, das hörte meistens auf, wenn er mit einem Affenzahn angerannt kam und den großen Kratzbaum im Wohnzimmer hochgetobt ist, bis unter die Decke. Er konnte auch ganz elegant die rechte Lautsprecherbox als Absprung benutzen, um auf den Schrank zu kommen. Auf die Idee kam er irgendwann, weil er unbedingt wissen wollte, was sich hinter den geöffneten oberen Schranktüren verbarg. Als er dann anfing auf der wackeligen Türkante zu balancieren, um eventuell auch noch IN den Schrank zu gelangen, wurde es mir dann zu bunt und ich hab ihn da wieder runtergeholt.
Häufig hat er mich mit irgendwelchen Klopsen zum Lachen gebracht, manchmal leider auch erschreckt. Ich werde nie vergessen, wie er auf einer Geburtstagsfeier zwischen den ganzen Gästen, leeren und vollen Bierflaschen, Aschenbechern und Tellern durchgerannt ist, weil endlich mal Fenster UND Tür zum Balkon gleichzeitig auf waren, und man da ganz toll rein und raus laufen konnte, über Tische und Stühle, leider auch über eine brennende Kerze, die prompt sein dichtes Fell in Brand setzte. Bevor ich richtig in Panik geraten konnte war das Feuer glücklicherweise wieder aus, scheinbar brennt Katzenfell nicht gut.
Für meine Wohnung war er eine Katastrophe. Möbel haben ihn nicht weiter interessiert, aber heile Tapeten hab ich nur im Bad. Manchmal hab ich ihn dafür verflucht, aber keine zehn Minuten später hat er mir leid getan, wenn er mich mit großen Augen ansah, weil er sowieso nicht verstand, was ich von ihm wollte.
Was er wollte, das wusste er genau, und das hat er auch meistens bekommen. Wenn ihm der Inhalt seines Napfes missfiel, dann hat er ihn konsequent ignoriert und so lange gequakt, bis er etwas anderes bekam. Und der konnte quaken, ohne Ende. Quaken und meckern, das ging schon an der Tür los, wenn man nach Hause kam. Er stand immer an der Tür, sein Meckern war manchmal schon ein Stockwerk vorher zu hören. Entweder er lief dann voran in die Küche, das hieß Napf auffüllen, oder er sprang aufs Bett und schmiss sich auf den Rücken, dann gab es mindestens 30 Minuten intensive Streicheleinheiten, darunter hat ers nicht getan.
Und wenn nachts eine Seite des Bettes frei war, dann war das seine, wenigstes für weitere 30 Minuten. Kneifen konnte man da nicht, denn wenn ich mich schlafend stellte robbte er langsam näher, drückte mir seine kleine Nase ins Gesicht, und schnurrte in allen möglichen Tonlagen, bis ich endlich aufgab.
Heute hab ich ihn aufgeben müssen und das tut so verdammt weh.
Musik: Sandy Denny - No More Sad Refrains
Warum hört man eigentlich auch noch traurige Musik wenn man traurig ist?
Sonntag, 8. Januar 2012
Ziemlich großer Andrang
Es ist selten, dass ich mal ins Kino komme, entweder es hapert an den Arbeitszeiten oder am Programm, denn alleine ins Kino gehen ist öde, und ist man nicht alleine, dann muss man sich auf den Film einigen können. Glücklicherweise hab ich jemanden, der sich nicht nur für Batman oder Star Wars interessiert und meinem Urteil vertraut. Was nicht zuletzt daran liegt, dass ich bisher immer richtig lag, ein verdammtes Glück. Nochmal verdammtes Glück, dass man an grauen Sonntagnachmittagen nicht auch noch kilometerweit fahren muss, denn die Koralle in Volksdorf liegt fast um die Ecke und Parkplätze en masse gibt es auf dem angrenzenden Marktgelände. Was für ein Segen, dass es hier immer noch eines dieser kleinen Vorstadtkinos gibt, das zudem noch genau mein Programm spielt, wenn ich es brauche. Ohne THX Bombast Breitbild Superstereo 3D Hastenichgesehn, aber das braucht man auch nur bei Batman und Star Wars.
Das hat sich wohl auch halb Sasel und Volksdorf gedacht, denn zehn Minuten vor Beginn der Vorstellung reichte die Schlange bis auf den Marktplatz, zwischen den letzten Wagen der Markthändler hindurch. Bestimmt 150 Leute, Kind und Kegel dabei. Hey, das ist kein Blockbuster. Kein Emmerich, kein Schorsch Lukas, kein Spielberg, nur eine französische Komödie. Alvin und die Chipmunks lief etwa 15 Minuten später leider auch, wie wir von einem Familienvater erfuhren, der gleich für vier Karten anstehen musste. Leider schlugen alle Versuche fehl, sich diesen Umstand zunutze zu machen und ein paar Reihen zu gewinnen, denn das Publikum war durchmischt, die andere Hälfte wollte sich ebenfalls Ziemlich beste Freunde ansehen. Ungefähr die Hälfte von denen wiederum hat es auch noch geschafft, wir nicht.
Extrem ärgerlich, denn seit ich den Film bei Frau Flinkwert im Blog entdeckt hatte war der auf meiner Liste ganz weit oben. Zwanzig Minuten standen wir da rum und haben mit Leuten gequatscht, die den auch uuuunbedingt sehen wollten, weil jeder einen kannte, der davon völlig begeistert war. Das fand ich schon sehr verwunderlich, denn der läuft erst seit Donnerstag, doch in mir reifte der Entschluss, den Kinobesuch nach einem ausgiebigen Mittagsmahl erneut auf die Liste zu setzen. Allerdings mit vorheriger Kartenreservierung.
So gabs denn die Abendvorstellung, und wenn mich nicht alles täuscht, dann hab ich im Januar schon den Film des Jahres gesehen. Zumindest was den Bereich Komödie angeht, wird der nur ganz schwer zu knacken sein.
Ich hab Tränen gelacht, und das kommt extrem selten vor, weil ich Filme meistens meide, die darauf abzielen. Die Kassenknüller, bei denen ein Gag den anderen jagt. So etwas kann man sich einmal angucken, für ein zweites mal fehlt da schon die Substanz, die paar wirklich witzigen Situationen kennt man, über die flauen und vorhersehbaren Gags ärgert man sich beim zweiten mal noch mehr, und die restliche Geschichte ist zu dünn.
Ich mag mehr die leisen Komödien, bei denen man das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommt, und jede Minute des Films förmlich in sich hinein frisst, nicht genug bekommen kann von der Geschichte, von den Charakteren, den Dialogen. Filme, die nicht nachlassen, bei denen man auch zu keiner Zeit das Gefühl hat, sie würden irgendwie nachlassen oder verflachen, von denen man high wird, auch wenn nur die Typen auf der Leinwand Marihuana rauchen. Filme, die einem für den Rest des Tages ein unglaublich gutes Gefühl geben und die man sich am liebsten am nächsten Tag noch einmal ansehen würde, damit das nicht aufhört.
Das haben mir in den letzten Jahren fast nur englische und französische Komödien geboten, und Ziemlich beste Freunde ist eine der besten davon. Hoffentlich gibts den bald auf DVD, beim dritten mal werd ich sicher keine Tränen mehr lachen, aber den kann man sich trotzdem öfter ansehen.
Großartiger Film. Hingehen.
Großartige Gitarre: Danny Gatton - 88 Elmira St.
Freitag, 6. Januar 2012
Trottel und Held liegen eng beieinander
Heute habe ich mich das erste mal gefragt, wieso jemand den Beruf des Elektrikers bzw. Elektroinstallateurs ergreift. Sind das alles Leute, die als Kind mal so einen Elektrobaukasten geschenkt bekamen, und sich über die lustig blinkende Lampe nach erfolgreicher Verkabelung gefreut haben? Oder ist es die Berufsberatung, die das als Alternative zu den Traumberufen anbietet, für die es leider zu wenig Lehrstellen gibt? Seit ich mal in einem Anflug von Wahnsinn eine Kippsicherung auswechseln wollte, mit dem Schraubendreher abrutschte, dabei drei Stockwerke mitten im sonntäglichen Tatort rüde unterbrach und knapp mit dem Leben davonkam, hat dieser Berufszweig noch weit mehr an Reiz verloren, und der war vorher schon nicht wirklich vorhanden. Damals war ich der Trottel, der Held war Elektriker und wohnte glücklicherweise einen Stock unter uns. So kann man neue Nachbarn doch auch mal nett kennenlernen.
Trotzdem, eindeutig zu gefährlich und zu wenig Heldenpotenzial. Rennfahrer, Astronauten oder Jetpiloten werden für ihren möglicherweise tödlichen Job wenigstens anständig bezahlt. Allein schon diese Kabelberge überall, mir reicht ein abschreckender Blick unter meinen Schreibtisch völlig, so etwas beruflich? Auf keinen Fall. Denn die Gefahren lauern überall.
Heute klingelt mein Kollege Hassan an der Tür, ich drück den Öffner und Hassan sagt: Mischer 4 nix gutt. Nix Motor. Nix drehen. Ein kurzer Blick auf den Monitor zeigt, es ist alles in Ordnung. Alles im grünen Bereich, sag ich, und Hassan verschwindet wieder. Keine 5 Minuten später ist er wieder da. Mischer 4 noch nix gutt. Nix drehen. Auf dem Monitor zeigt sich nichts ungewöhnliches, der Motor dreht. Dreht der Rest nicht mit, dann ist das Getriebe wohl im Eimer, das ist Schlossersache. Bevor ich jemand anrufen kann, klingelt schon einer der Schrauber an der Tür. Du, ich war eben im Conthermraum, die Motoren stehen alle.
Ich guck auf die Monitore, alles in Ordnung. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Auch die Temperaturen sind im normalen Bereich, wären die Rotoren ausgefallen, dann wären die längst durch die Decke gegangen. Kann nicht sein, sag ich, das sind bestimmt nur die vier defekten Motoren von Linie 3. Er will noch mal genauer gucken und ist kurz darauf wieder da, alles steht. Motoren, Pumpen, alles. Glücklicherweise auch die Dampfventile, sonst hätte man schon was gerochen. Irgend etwas stimmt hier nicht.
Nachdem ich minutenlang auf die Monitore starre fällt mir auf, das Bild wird nicht aktualisiert. Eine winzige rote Leuchte zeigt mir an, dass die Kommunikation unterbrochen ist. Ein Reset bringt leider ebenfalls keine neuen Erkenntnisse, ich bekomm keine aktuellen Signale. Was für ein Glück, dass das hier kein Atomkraftwerk ist. Ich weiß schon, warum ich die Dinger nicht mag.
Während meiner angestrengten Grübelei klingelt es mehrfach an der Tür, der Raum füllt sich mit Kollegen, die alle sehr ratlos aus der Wäsche gucken, der Betriebsleiter guckt ebenfalls rein und will wissen was los ist, der Elektrochef ist angefordert und dürfte gleich erscheinen.
Das wird mir zu viel Hektik, ich schmeiß alle raus die ich nicht gebrauchen kann, dabei fallen mir die beiden Elektroinstallateure auf, die schon seit Stunden irgendwelche neuen Kabel durch die Schaltschränke ziehen, in den letzten 30 Minuten recht still gewesen sind und gerade leise diskutierend in der Ecke stehen. Mit einem deutlich erkennbaren P in den Augen.
Naa, grins ich, falschen Stecker gezogen? Mit dieser Vermutung liege ich richtig, blöderweise hat niemand den Hauch einer Ahnung, welcher Stecker das nun war, denn eigentlich sind alle an ihrem Platz. Darauf folgt eine hektische Suche, der Fußboden wird geöffnet, Kabelwege verfolgt, Stecker auf ihren Sitz überprüft, nichts zu finden.
Darüber vergeht eine weitere halbe Stunde, inzwischen ist die komplette Besatzung der Elektrowerkstatt anwesend, inklusive Fremdhandwerker. Von denen kommt dann endlich einer auf des Rätsels Lösung, eine ganz banale Klemme, die einen Stecker vom abrutschen hindern soll, ist nicht umgelegt. Muss aber, weil der Sitz abgefragt wird.
Als die ganze Chose wieder läuft will ich nur noch wissen, wer denn jetzt der Trottel war, und wer der Held. Als Held entpuppt sich der dicke Harry, der nicht nur wegen seiner Haartracht und seinem Vollbart häufig für meinen Bruder gehalten wird, und irgendwie erfüllte mich das mit tiefer Befriedigung, denn den Mann fand ich schon immer sehr sympathisch. Als zweiten Kopf würd ich den immer nehmen.
Den Job als Elektriker aber, den könnt man mir schenken, das wär nichts für mich. Aber ich hatte als Kind auch glücklicherweise keinen Elektrobaukasten.
Hauptsache die Anlage hat Strom, z.B. für Jackson Browne & David Lindley - Love Is Strange - En Vivo con Tino
Dienstag, 3. Januar 2012
Zeit für Veränderungen
Vor ein paar Jahren hab ich von Hawk ein wunderbares gerahmtes Porträt zum Geburtstag bekommen, das seitdem natürlich einen Ehrenplatz an der Wand hat. Irgendwann hab ich das geknipst, um es auch im Internet verwenden zu können, natürlich etwas beschnitten.
Was mich allerdings schon lange gestört hat war die Kopfbedeckung, denn diese dusselige Harley Davidson Kappe auf dem Bild hab ich gerade mal eine Woche in Dänemark getragen, die verstaubt seit mindestens zehn Jahren in irgend einem Schrank. Beim Original wird sich das leider nicht mehr verändern lassen, aber da der Mann mit dem Computer ebenso gut malen kann wie mit Pinsel oder Bleistift, hab ich eine vernünftige digitale Kopie für ihn erstellt und voilá: Porträt Version 2 ist da, hat keine drei Tage gedauert.
Im Normalfall hätte ich mit dem Original vielleicht weiterleben können, doch das Ding muss auf eine Kachel der Förderwand, und da geht das mit der falschen Kopfbedeckung gar nicht.
Jetzt muss ich ihn nur noch einen Abend beschäftigen, um die Skyline im Blog mal auf Vordermann zu bringen, denn wie bei selbst gebastelten Plattencovern, Ideen hab ich immer reichlich, einzig das Talent fehlt, die auch entsprechend umzusetzen.
Ich hab allerdings drei leckere Argumente hier rumstehen, die sind alle 18 Jahre alt, also grad mal volljährig, kommen aus Schottland und heißen Laphroaig, Glendronach Allardice und Glenmorangie Extremely Rare. Und ich weiß ganz genau, einer Verkostung dieser Spezialitäten wird er trotz momentanem Stress mit SAP nicht lange widerstehen können.
Keine Veränderungen in der Playliste heute: Ryan Bingham - Mescalito
Sonntag, 1. Januar 2012
Feuerwerk wird überschätzt
Frohes neues Jahr!
Fängt gut an, dabei wollte ich der Silvesterzwangsfeierei in diesem Jahr eigentlich entgehen, nach dem Weihnachtsbesuch der Regenwaldchaoten bräuchte ich mehr Tage Erholung, als ein kurzes Wochenende einem verschaffen könnte. Silvester brauche ich nicht wirklich, das ist ein stinknormales Wochenende, abgesehen von ein paar Idioten, die um Mitternacht versuchen ihre Gliedmaßen günstig zu amputieren.
Also am besten das Telefon ausstöpseln, die Tür abschließen und zwei Tage auf die Couch, herrlich. Das einzige Wochenende im ganzen Jahr, in dem garantiert niemand stört, weil sie alle irgendwie mit dem Jahreswechsel beschäftigt sind. Kurzfristig hatte ich zwar überlegt, ob es sich lohnt beim Exilwestfalen eine Bronchitis zu riskieren, da sich dort kurzfristig ein paar Leute angemeldet hatten, hab dann aber beschlossen, denen das Risiko alleine zu überlassen.
Mit der Hartnäckigkeit einer jungen Dame, der ich vor Wochen mal ein lockeres "ich überleg mir das mit dem Fondue" zuwarf, hab ich hingegen nicht gerechnet. Wenn man da nicht ganz strikt absagt, dann zählt alles andere als Zusage, das muss ich mir für die Zukunft merken. Die Beharrlichkeit, mit der sämtliche Argumente meinerseits abgebügelt wurden, hätte mich eigentlich irgendwann stutzig machen müssen. Dabei wäre es ganz einfach gewesen mich zu locken, doch wenn man mit Überraschungen ums Verrecken nicht rausrücken will oder darf, dann muss man halt eine Stunde am Telefon schwitzen.
Auf der Habenseite standen dann irgendwann Fleisch- und Käsefondue, selbstgebackene Berliner mit alkoholischer Fruchtfüllung (OMG!) nebst diverser anderer alkoholischer Spezialitäten, ein garantiert angenehmer und geräuschloser Schlafplatz und Holzis 150 Euro Feuerwerksbatterie, die ich vom Balkon aus fotografieren könnte, zusammen mit dem Zeugs das die Nachbarn alle eingekauft haben. Das waren zu viele Argumente um das sausen zu lassen, also hab ich schlussendlich das Geraffel eingepackt und bin losgefahren.
Jetzt muss ich die Erholung irgendwie aufs nächste Wochenende verschieben, wenn da nicht schon irgendwas war, ich hab meine Termine wieder nicht im Kopf. Trotzdem hat es sich mehr als gelohnt, nicht nur wegen der Berliner und dem speziellen anderen Naschkram. Nur Feuerwerk wird überschätzt, auch Batterien für 150 Euro, was ich schon geahnt habe, als der Nachbar eine Viertelstunde vor Jahreswechsel eine Proberakete zündete, die außer einem schnell verglühenden Feuerschweif zwar nichts weiter zu bieten hatte, aber dafür die halbe Straße vernebelte. Fünf Minuten nach Mitternacht konnte man vom Balkon aus weder die Straße, noch die benachbarten Häuser mehr sehen, weil man 150 Euro Batterien wohl besser irgendwo am Elbufer zündet, oder im Park, oder auf sonstigen großen Freiflächen, keinesfalls aber in den engen Seitenstraßen von Altona. Dabei hätten die Rauchbomben der Nachbarn alleine schon ausgereicht. Zusammen mit den an jeder Ecke gezündeten Matten von Chinaböllern, die man im vierten Stock nur noch als zusätzliche Geräuschkulisse wahrnahm, wäre das eine ideale Kriegsfilmkulisse gewesen. So war es nur viel Rauch um Nichts.
Aber warum sollte ich da predigen, 150 Euro für Rauch geb ich auch schon mal aus, das hält dann nur länger vor als 90 Sekunden. Und der hat, zugegeben, nicht diese tollen Lichteffekte, aber davon war so viel ohnehin nicht zu sehen bei dem Nebel.
Im Player der Soundtrack vom Film des Jahres 2011: Jeff Bridges, Ryan Bingham, T-Bone Burnett - Crazy Heart