Mittwoch, 7. September 2011
Glückstag mit Wüstensöhnen
Auch Glückstage können ziemlich strapaziös sein, vor allem wenn man sein Glück erzwingen muss. Das ging um 8 Uhr morgens schon los, mit dem allwöchentlichen Heimspielkartenhotlineterror. Sage und schreibe 104 Minuten habe ich diesmal gebraucht um durchzukommen. Das ist eindeutig zu lang für Stehplatzkarten auf der Gegengerade, ich konnte gerade noch die letzte vorhandene GG-Karte gegen Düsseldorf erstehen, hoffentlich geht da nichts schief. Gegen Aue und Frankfurt muss ich in die ungewohnte Nordkurve ausweichen. Da stand ich zuletzt in der Regionalliga gegen Werder Bremen 2, aber besser Nord als völlig leer ausgegangen.
Um das Konzert von Tinariwen in der Fabrik sehen zu können musste ich das Glück wieder erzwingen, zuvorderst alles tun, um spätestens um 20 Uhr aus der Firma verschwinden zu können. Danach Gas geben. Eine Stunde bis Altona muss machbar sein, inklusive Halt am Geldautomaten.
Ersteres klappt normal nie. Wenn ich mir in der Woche etwas vornehme, dann geht irgendwas in die Grütze. Fast immer, Murphys Gesetz konnte ich selten außer Kraft setzen, daher plante ich die Pleite schon ein, doch heute war tatsächlich ein Glückstag. Die letzte Stunde hab ich mir gespart, die darf der Kollege morgen früh machen, und schon war ich weg. Eine Stunde bis Altona ist machbar, wenn man wenig Rücksicht auf die Straßenverkehrsordnung nimmt, ich habs in 50 Minuten geschafft und war pünktlich um 21 Uhr in der Fabrik, suchte mir ein nettes Plätzchen vor der Bühne und durfte mir noch locker ein Bier holen, weil die Söhne der Wüste auch nichts von Pünktlichkeit halten.
Dafür haben sie den Laden gerockt, noch besser als vor zwei Jahren, bis zur Ekstase. Und alles gespielt, was ich auf einer Best Of CD von Tinariwen unterbringen würde. Schade, dass wieder nur etwa 150 Nasen in Hamburg sich für Wüstenrock aus Mali interessieren, dabei hätte es nach dem letzten grandiosen Konzert vor zwei Jahren genug Mundpropaganda geben müssen, um die Anzahl mindestens zu verdoppeln. Diese Musik ist wie geschaffen für das Publikum in Deutschland, man darf mitklatschen. Glücklicherweise geben die Jungs schon klatschend den Takt vor, man kann also nicht mal etwas falsch machen.
Dazu gibt es vor der Bühne immer hübsche Yallagirls, die sich geschmeidig zu der Musik bewegen und in die trällernden Jodler einfallen, auch dem Auge wird einiges geboten.
Einzig der Mensch vor mir nervte mit seinem unorthodoxen Tanzstil. Wenn man schon versucht so etwas wie Bauchtanz zu imitieren, dann bitte ohne um die Hüften gehängte Taschen und Jacken. So viel Wert auf dauernden Körperkontakt verspüre ich eigentlich nicht.
Es gibt zwei Möglichkeiten wie man so jemandem begegnet, wenn Missfallenskundgebungen nicht fruchten. Entweder man wird irgendwann handgreiflich, oder man lässt sich auf den Fuß treten, in der Hoffnung auf etwas mehr Rücksicht in der Folge. Da ich festes Schuhwerk trug entschied ich mich für die zweite Variante.
Heute war eindeutig auch sein Glückstag.
Und hier läuft immer noch Tinariwen - Tassili
Taschen... jaaa... und Rucksäcke. Auf Konzerten! >:-<
AntwortenLöschenIch HASSE Rucksäcke! Schon deshalb, weil die tragenden Personen sich offenbar des eigenen Buckels nicht mehr bewußt sind! *nachlinksdreh* *peng* *nachrechtsdreh* *peng* Irgendwann mal nehme ich eine Schere mit *schnipp* *schnapp* *ab*
So, Herr Musik-Fachmann,
AntwortenLöschenverzäll mir doch mal was zu dem hier. Du kennst doch alles...
Der deutsche "Boss" kommt aus Hemmoor
Rock: Thees Uhlmanns erstes Soloalbum
Wenn der alleinige Kopf einer Band ein Soloalbum aufnimmt, klingt das meist nicht anders als sonst. Bei Tomte-Gründer Thees Uhlmann liegt der Fall anders: Er überträgt seinen Sinn für klug vorgetragenes Pathos ziemlich vergnügt vom Indie-Richtung Stadionrock. Mit einigen Verweisen auf Bruce Springsteen inszeniert sich der Wahl-Hamburger als eine Art deutscher "Boss", der ähnlich wie das Vorbild Hymnen auf die Provinz dichtet.
Uhlmanns New Jersey hat die Koordinaten "Lat.53.7 Lon.9.11667" - so der Titel eines Songs, der seine Heimatstadt Hemmoor, vermutlich idyllisch am westlichen Ufer der Oste im Landkreis Cuxhaven gelegen, porträtiert. Im Rapper Casper hat er in der nostalgischen Haltung zu unrepräsentativen Heimatstädtchen einen Bruder im Geiste gefunden, der sich im famosen "& Jay-Z singt uns ein Lied" für den Uhlmann-Gastauftritt auf seinem Nummer-1-Album "XOXO" revanchiert.
Großartig! Thees Uhlmann kommt nicht nur aus Hemmoor, er ist außerdem eingefleischter FC St.Pauli Fan und hat mit "Das hier ist Fußball" die wahrscheinlich schönste Hymne über den magischen FC geschrieben, die man sich nur vorstellen kann. Eines der meistgespielten Stücke hier.
AntwortenLöschenAußerdem war/ist er Kopf der Band Tomte, die mindestens zwei ganz hervorragende Alben veröffentlicht hat (die beiden, die ich besitze).
Mit Tomte wirst Du nicht viel anfangen können schätze ich, aber seine Soloplatte könnte vielleicht wirklich etwas für Dich sein, wenn Dir seine Stimme zusagt. Musikalisch eingängiger und abwechslungsreicher als Tomte, mir gefällt die extrem gut. Erwarte keinen "Boss", aber richtig gute Rockmusik mit richtig guten deutschen Texten, mit denen ich weit mehr anfangen kann, als z.B. mit Grölemeyers oder Westernhagens.
Ich las vorhin dazu einen Bericht in der Süddeutschen, muss ein tolles Konzert gewesen sein, wenn ich hier deinen Blog dazu lese!
AntwortenLöschenDann haben die es immerhin in der Süddeutschen bis in die Presse geschafft. Hier war zwar ein Pressefuzzi mit Kamera anwesend beim Konzert, aber gelesen hab ich am nächsten Tag nichts.
AntwortenLöschenHier war sogar ein Artikel auf der Seite drei, und das heißt schon was. Vielleicht hast du den von der Süddeutschen gesehen? :D
AntwortenLöschenDen seh ich hier bei jedem zweiten Konzert, nur Fotos hab ich danach in der Presse nie entdecken können. Sehr mysteriös, wahrscheinlich gefälschter Presseausweis.
AntwortenLöschenAngehört. Die Stimme ist nicht so dolle... mir kommt's auch so vor, als ob er mehr "schreit" als singt. Neeee... eher nicht. Texte mag ich.
AntwortenLöschenJa, keine DSDS Siegerstimme der Thees *g*. Aber darauf kommt es ja auch nicht an. War mir aber klar, dass es daran hapert.
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