Diese Situationen im Stadion, in denen man nur seinen Nachbarn ansehen muss, um eine ziemlich genaue Vorstellung davon zu bekommen wie man selber gerade aus der Wäsche guckt. Weit aufgerissene Augen, der zum Schrei geöffnete Mund, die Mischung aus explodierender Freude und ungläubigem Staunen über das Wunder, mit dem man überhaupt nicht mehr gerechnet hat, nicht mehr rechnen konnte, denn eigentlich war es vorbei, nach 122 Minuten. Den letzten Freistoß vor dem unweigerlich folgenden Abpfiff reinzubeten hat nicht geklappt und der Ecke danach traut man nicht mehr wirklich was zu.
Aber bevor ich wieder einmal enttäuscht auf meinem Sitz zusammensacken kann, reißt es mich und ungefähr 29.000 andere Menschen in die Höhe, als Mathias Pereira Lage den Ball in der buchstäblich allerletzten Sekunde in die Maschen drischt und ich weiß schon jetzt, dass ich das Gesicht meines Nebenmannes in diesem Moment nie vergessen werde.
Wir hätten uns das natürlich alles ersparen können, wären die Jungs in der Lage gewesen dem frühen 1:0 einen zweiten oder dritten Treffer hinzuzufügen, oder hätten sie nach dem Anpfiff der zweiten Halbzeit nicht so schlafmützig agiert. Vielleicht wären wir dann mit einem 1:0 nach neunzig Minuten glücklich nach Hause gegangen.
Dann hätten wir uns auch nicht über den Schiedsrichter aufregen müssen, der Hoffenheim in der Verlängerung einen Handelfmeter schenkt, eine absolut lächerliche Fehlentscheidung, was ungefähr 29.000 andere Menschen ähnlich aufregt wie meinen Nachbarn und mich, aber halt nicht zu ändern ist und Hoffenheim die Führung bringt.
Aber dann hätten wir auch diesen magischen Moment in der 122. Minute nicht gehabt, der uns achtzehn(!) weitere Momente der Aufregung und Extase beschert und irgendwie will man das ja auch als Fußballfan, geht ja keiner ins Stadion um einzuschlafen.
Wenn am Ende der Sieg dabei herausspringt ist das ja auch positiver Stress, nech? Mir ging's am Ende jedenfalls besser als vor dem Spiel, von den Stimmbändern mal abgesehen. Gegen Gladbach würde ich aber möglichst unaufgeregte 3 Punkte bevorzugen.
Was sonst noch gut war:
Dass auch Ben Voll Elfmeter halten kann ist beruhigend, dass bei uns alle gute Elfmeterschützen sind sogar noch beruhigender.
Was sonst noch abenteuerlich war:
Der fuckin DOM wird schon wieder aufgebaut und ich bin mit dem Auto hier, wie ungefähr 100 andere uninformierte, die über das Gelände eiern und einen freien Platz suchen. Nach unfreundlichen Diskussionen mit irgendwelchen Schaustellerspackos entscheide ich mich für das Parkhaus in der Seilerstraße, erwarte Preise wie im Puff und bekomme die am Ende auch, kann dafür aber zwei Jungs mitnehmen, die nach dem letzten Elfmeterschießen schon Probleme mit dem Nachtbus hatten. Man muss das Positive sehen.
Fotos dazu: Gegengerade Millerntor - FC St-Pauli - TSG Hoffenheim, Endstand 10:9 n.E.
Links dazu: Platz in der Ruhmeshalle (Millernton) Unvergessliche Pokalnacht (Stefan Groenveld)
Musik dazu: Massive Attack - Blue Lines / Protection




















































