Samstag, 12. September 2015
Keen Platz för Nazis
Auch das Ohnsorg-Theater bezieht klar Stellung gegen das braune Gesocks. Hier bin ich richtig, Hachmannplatz 10 Uhr, ein Treffen mit Leuten aus der Tresenkurve und ein paar tausend anderen Demonstranten. Alles noch ziemlich entspannt, sogar die Cops, bis erste Nachrichten die Runde machen: Die Patridioten weichen aus nach Bremen. Der nächste Zug geht in 15 Minuten und viele strömen spontan in den Bahnhof um den zu erreichen, was die Helmchen scheinbar überfordert. Uns ebenfalls, auf Rundreise war niemand vorbereitet, wir bleiben hier und hören uns die Ansprache von St.Pauli Präsident Oke Göttlich an, der irgendwas über Schrei nach Liebe von Die Ärzte erzählt, von dem ich maximal die Hälfte verstehen kann. Mikrofonlautsprecherwagengedöns halt, wird schon stimmen, ist ja Oke.
Wie immer heißt 'Demo' erst einmal viel rumstehen und warten. Wir vertreiben uns die Zeit mit einem Ausflug durch die Wandelhalle, auch hier ist noch alles ruhig. Wenn die Kackbratzen jetzt wirklich alle nach Bremen abgezogen sind warten wir auf die wenigstens umsonst und es ist schon mal befriedigend, dass die hier wieder kein Bein auf den Boden bekommen.
Eine knappe Stunde später dürfen wir uns bewegen, vorbei an Wasserwerfern unserer Schutzmacht, die mit den Dingern besser nach Bremen fahren sollte. Ein Bekleidungsunternehmen stattet den Demozug nebenbei mit bunten Werbeluftballons aus, was eine richtig tolle Aktion sein könnte, hätten die da ein fettes FCK NZS auf die Ballons gedruckt, aber auf solche Ideen kommen Bekleidungsunternehmen natürlich nicht.
Vor dem Rathausmarkt werden wir umgeleitet, da ist es wahrscheinlich vorher schon voll gewesen und es ist sehr zweifelhaft, dass da noch ein paar tausend Menschen mehr Platz finden. Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht was ich da soll, auf das Geseier des Scholzomaten oder irgendeines anderen Politkaspers hab ich null Bock und dem Rest geht es ähnlich. Während wir noch beratschlagen was zu tun ist, stürmen sportliche junge Leute an uns vorbei, in die Gegenrichtung. Wenige Minuten später drehen auch Teile der Cops um und auf Twitter muss ich lesen, dass im Bahnhof Refugees von den braunen Bildungsverweigerern angegriffen wurden und Support benötigt wird. Daher also die Eile. Herr B. hat eigentlich keine große Lust auf Stress, schiebt dem allerdings ein unvollendetes "andererseits..." hinterher. Wir kehren ebenfalls um, auch wenn er noch keinen Siegelring hat der das Fanclubwappen auf Glatzen hinterlässt.
Denn einerseits ist es zwar sinnvoll gegen den faschistischen Mob zu demonstrieren, andererseits ist es aber noch viel sinnvoller sich dem entgegenzustellen. Zehn Minuten später sind wir wieder in der Wandelhalle, es ist rappelvoll und die Aufgänge scheinbar völlig blockiert, gegenüber auf dem Südsteg marschiert ein ganzer Zug Cops auf und besetzt Bahnsteig 14. Warum weiß kein Mensch, es bewegt sich eh nichts. Kein Zug fährt rein, keiner raus. Genug Zeit für ein Frühstücksbaguette vom Bahnhofsbäcker, bei einer Zigarettenpause kommen wir an der Anzeigetafel vorbei: Verkehr eingestellt. Nichts geht mehr, auf keinem Gleis fährt einer ab, alle ankommenden Züge mit Verspätung.
Aus Bremen kommen inzwischen Infos, die wollen das Pack dort auch nicht haben. Da unten steht ein Zug nach Cuxhaven, ich hätte da einen Vorschlag. Alle rein da und an der Küste kriegt jeder ein Gummiboot und ein paar Paddel fürs Patridiotenrudern. Wer Helgoland erreicht darf einen Antrag auf Rückreise stellen.
Twitter liefert nur spärliche Infos, auf der anderen Seite droht die Schutzmacht scheinbar mit Wasserwerfern die Kirchenallee zu räumen, hier drüben kriegen ihre Kollegen ein Showprogramm geboten. Wir beschließen die Seiten zu wechseln, doch eine Polizeikette am Ausgang hält den Laden lange genug auf, die Situation hat sich wieder beruhigt als wir am Hachmannplatz angekommen sind. Hektisch wird es nur kurz, als eine Gruppe Refugees von einer schützenden Menschenkette durch den Ausgang geleitet wird, einige davon mit kleinen Kindern auf den Schultern. Ich habe selten so viele angsterfüllte Gesichter gesehen, nicht nur bei den Kindern, es ist eine Schande.
Was für ne Scheiße, da stehste da und kannst nix machen. Am liebsten würd man die alle in den Arm nehmen und beruhigen und denen erzählen alles wird gut, aber in dem Umfeld? Meins beruhigt sich hier immer mehr und strebt nach und nach dem heimischen Sofa zu, die letzte halbe Stunde verbringe ich alleine auf dem Südsteg. Eine Durchsage verkündet, dass "alle rechten Straftäter" inzwischen aus den Zügen entfernt wurden und keine mehr erwartet werden, da fällt mir ein dass meine kleine Schwester in einem dem der Züge sitzen könnte, die wollte heute Mittag nach Hause.
Sie sitzt tatsächlich in dem Ding an Bahnsteig 14, was eigentlich der falsche Zug ist, weil der schon vor einer Stunde hätte fahren sollen und was der ganze Blödsinn überhaupt soll, man müsste die Nazis einfach nur nicht beachten..
Kaum zu glauben, dass man heutzutage noch solche Grundsatzdiskussionen führen muss.
Hier is keen Platz för Nazis. Un dat blievt ok so.
wir waren bei olaf auf dem rathausplatz. nicht weil wir olaf toll finden sondern weil ich ehrlich gesagt angst habe mich nazis offen entgegen zu stellen, ich bin kein strassenkämpfer. ich finde es aber gut das es menschen gibt die das machen.
AntwortenLöschenIch gehe nicht mit dem Ziel dahin mich zu prügeln, das ist ohnehin immer das letzte Mittel.
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