Freitag, 21. März 2014
Resteverwertung
Vor fünf Jahren ist Richard Wright gestorben. Damit kann ich mir einen Auftritt von Pink Floyd endgültig abschminken, selbst wenn Gilmour und Waters sich noch einmal zusammen auf die Bühne trauen würden, die Chancen stehen schlecht. Dumm gelaufen, denn das ist so ziemlich die einzige "große" Band, die ich nie live gesehen habe. Na gut, die Beatles fehlen auch, dafür war ich ein paar Jahre zu jung. Ähnlich ist es mit ABBA, obwohl da noch niemand gestorben ist und es mich auch nicht besonders reizt ein Konzert der alten Schwedenpopper zu besuchen, auf einer Bühne wird man die wohl nicht mehr erleben. Queen allerdings, die habe ich gesehen, mit einem jungen Freddie Mercury, als sie noch eine richtige Rockband waren. Schon damals eine große Show auf der Bühne, den kommenden Bombast konnte man erahnen, das Operettengesäusel fehlte noch.
Wer dieses Glück nicht hatte muss sich heutzutage mit Coverbands zufrieden geben. Meistens lokale Helden auf kleineren Bühnen, die versuchen ihren musikalischen Vorbildern möglichst nahe zu kommen. Das klappt manchmal richtig gut, und wer auf eine Vielzahl musikalischer Gassenhauer zurückgreifen kann, der hat bei Straßen- oder Stadtfesten das Publikum schnell im Griff.
Im Falle von Floyd, ABBA und Queen kann man sich sogar alle Jahre wieder die volle Dröhnung geben, mit Lightshow, fliegenden Känguruhs, bunten Kostümen und Feuerwerk. Wobei wenigstens die Australian Pink Floyd Show eine ernsthafte Alternative darstellen könnte, immerhin haben die schon auf David Gilmours Geburtstag spielen dürfen, aber Schwedenpopper auf 70er Plateaustiefeln oder einen Sänger, der sich in Freddies Glitzeranzug zwängt und den Mercury mimt? Selbst wenn der noch so schön Baaai-sickle baaai-sickle schmettern kann, das ist einfach nur noch Resteverwertung.
Den Vogel schießt jetzt ein Mensch namens Toby Gough ab, seines Zeichens Resteverwerter des Buena Vista Social Club Hypes und Initiator diverser "landestypischer" Musikshows. Der steckt ein paar optische Fastdoppelgänger (immerhin "richtige Vollblutmusiker") in Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison und Kurt Cobain Kostüme und bringt den ominösen Klub 27 auf die Musicalbühne. Was für ein Heidenspaß, wir feiern die Drogenleichen der Rockgeschichte. Ein in flatternde Hippiegewänder gekleidetes blondes Stimmchen identifiziert man als Janis Joplin, weil sie Piece of my heart singen muss, und Jimi Hendrix (an Hautfarbe, Frisur und Stirnband sofort zu erkennen) spielt dazu Gitarre, während man nur hofft dass er sich nicht irgendwann an Voodoo Chile versucht. Wer guckt sich so etwas an? Augenscheinlich Menschen, für die man hinter den Namen Brian Jones in Klammern (Rolling Stones) setzen muss, damit sie wissen wer das ist. Hätten sie bei Jim Morrison vielleicht auch machen sollen fürchte ich.
Rock'n'Roll ist vielleicht nicht tot, aber in manchen Ecken stinkt er ganz erbärmlich. Jede Wette, wenn der Drogist und der Breitmaulfrosch einmal tot sind, wird irgend jemand mit der großen Rolling Stones Show viel Geld verdienen. Dazu passt dann vielleicht ein cooles Ballett der Bad Boys of Dance, am besten zu Street Fighting Man.
Auch schon tot, wird aber nie resteverwertet: Kevin Coyne - Case History...Plus / Marjory Razorblade / Matching Head & Feet
Gut beobachtet, humorig aus dem Herz geschrieben und mit einer herben Prise Wehmut in der Kopfnote. Aber wo du Recht hast... (Und Kevin Coyne ist da irgendwie auch passend)
AntwortenLöschenSehe ich genauso. Und die Beatles und Pink Floyd habe ich auch nie gesehen. Die Doors in Frankfurt auf dem Römerberg, naja da war zuhause irgendein Stress und ich noch zu schwach um degegen so richtig anzugehen. Vorbei ~~~
Nachtrag: die Coverband, die mich meisten beeindruckte sind die Backdoors. Leider treten die nur alle paar Jahre mal auf. -> http://www.backdoors.de/hauptseiten/start.htm
AntwortenLöschenIch hab schon zwei bis drei gute Coverbands gesehen, aber unzählige schlechte dazu, meistens auf irgendwelchen Stadtfesten als Samstagmittagvorglüher. Die besseren spielen dann am Abend. Im Logo gibt es jährlich Coverbandwochen, da kann man dann von AC/DC bis ZZ Top alles mögliche sehen, im Kleinformat.
LöschenHast du das Ticket für Queen geschenkt bekommen? Ich dachte immer du kannst die nicht ausstehen.
AntwortenLöschenGruß, N.
Geschenkt nicht direkt, nach heutigen Maßstäben schon, 11 DM für Lynyrd Skynyrd und Queen in der Musikhalle. Wegen Skynyrd hingegangen, Queen war besser. Aber da hat Freddie auch noch nicht baaai-sickel baaai-sickle gesungen.
LöschenZunächst dachte ich beim Lesen der Überschrift, es handele sich mal wieder um einen Deiner typischen "Fresspostings" und war schon fast geneigt, selbigen gnädigst zu überspringen. Aber die Neugierde obsiegte dann doch.
AntwortenLöschenUm Cover- u. "Tribute" Bands mache ich seit jeher einen riesengroßen Bogen, aber dieser Typ namens Toby Gough scheint ja nun wirklich der Abgrund an Geschmacklosigkeit zu sein. Ich hoffe, Du musstest Dir den nicht reinziehen. *fg*
Gott bewahre, fünf Minuten auf youtube reichen sich ein Bild zu machen. Wenn ich mich an ein bestimmtes Festival erinnere machst Du nicht immer einen Bogen um Coverbands *g*
LöschenIch armer Ossi habe je ne Menge Leute gar nicht gesehen. Coverbands gehe ich trotzdem aus dem Weg. Man soll ja nicht an die Sockel seiner Idole pinkeln, habe ich mal gelesen. Also lasse ich es, wo es sich vermeiden lässt.
AntwortenLöschenVor Jahren hat hier auf nem Stadtfest mal eine ziemlich überzeugende Springsteen Coverband gespielt, wie das Vorbild 3 satte Stunden, das war durchaus spaßig. Wobei sie auf die etwas komplizierteren Stücke verzichtet haben, ich hab mir Backstage in der Pause mal Rosalita gewünscht von den Jungs, aber das wäre zu "probeintensiv" und deshalb nicht mehr im Programm. Im Endeffekt war es definitiv mehr Verbeugung als Sockelpinkeln, leider gibt es die nicht mehr, die würde ich mir tatsächlich wieder ansehen.
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