Freitag, 3. Mai 2013
Rollatorterror
Die Schlange beim Schlachter ist endlos, blöde Idee um diese Zeit Appetit auf Thüringer Mett zu entwickeln. Die ältere Dame da vorne könnte wenigstens mal aufrücken, sie wird ja schon bedient. Man könnte sie höflich fragen, ob sie eventuell ein paar Schritte weitergehen würde. Man kann es aber auch machen wie ihr Hintermann, der ihr kurzerhand seinen Gehwagen in die Hacken rammt. Ihr entfährt ein Schmerzensschrei, vorwurfsvoll sieht sie ihn an. "Können Sie nicht aufpassen?" Statt sich zu entschuldigen blafft er zurück: "Sie hätten ja auch weitergehen können." So viel Frechheit macht sprachlos, ich taste nach meiner Kamera, vielleicht werde ich Zeuge einer handfesten Prügelei unter Rentnern, dann bin ich vorbereitet.
Doch nichts passiert, ich werde durch eine Fleischereifachverkäuferin abgelenkt und verliere das Geschehen etwas aus den Augen. Später steht der Gehwagenmann vor mir an der Kasse und bleibt prompt mit seinem Rollator am Plastiktütenvorratsfach hängen. Wütend rockert er mit seinem Gestell hin und her, an dem aus leicht ersichtlichen Gründen schon ein paar Schrauben fehlen. Wie der Herr so's Gescherr, gab es schon Rollatoren als jemand diese Weisheit einfiel? Hier passt sie jedenfalls wie die Faust auf's Auge.
Beim scannen der Ware bemerkt die Kassiererin eine Doppelpackung Schinkenwürstchen, bei der offensichtlich die Hälfte fehlt, fein säuberlich an der Linie aufgetrennt. "Waren Sie das?" fragt sie ihn. "Das sind eigentlich vier Würstchen." "Die lagen da so" raunzt er sie an, "mir reichen auch zwei."
"Die kann ich aber so nicht verkaufen" sagt sie freundlich, "das nimmt der Scanner nicht an. Wenn sie einzelne Würstchen haben wollen holen sie die doch nächstes mal lieber am Fleischtresen."
"Dann behalt den Kram" knurrt er unwirsch und verstaut seine Einkäufe. "Krieg ich auch noch meinen Kassenbon?" "Selbstverständlich" flötet sie mit geradezu bezauberndem Lächeln und reicht ihm das Verlangte. "Selbstverständlich ist in diesem Laden gar nichts" mault er sie an und schiebt mit seinem Rollator von dannen. Sein Abgang löst bei den Umstehenden erleichtertes (wenn auch sehr verhaltenes) Gelächter aus, scheinbar haben alle Angst er könnte wiederkommen. Mit Soziopathen ist nicht zu spaßen, selbst wenn sie auf einen Gehwagen angewiesen sind.
Obiges Bild ist ein Symbolfoto. Aldi hat keine Fleischtheke.
Rockin' Rollatorblues: Jeff Healey - House on Fire: Demos & Rarities
Hehe rabiate Rentner sind cool :)
AntwortenLöschenDie Idee mit Omas in die Hacken fahren muss ich mir für den nächsten Einkauf merken, das habe ich mich nämlich noch nie getraut....
Neue Sportart Rentnerschubsen? Ich hab noch mindestens 10 Jahre Schonfrist!
LöschenAlte Menschen, einsam + verhärmt können ordentlich auftrumpfen. Mir tun solche alten Menschen manchmal richtig leid. Aber ihre Ausfälle schaue ich mir trotzdem gerne an ;-)
AntwortenLöschenIch frag mich was in denen so vorgeht? Bei dem Benehmen ist Einsamkeit doch vorprogrammiert.
Löschenschlechte laune ist kein vorrecht für rentner. das erinnert mich gerade an jemanden den ich hier nicht näher benennen möchte, dem würde ich so etwas auch zutrauen. der hat schlechte laune seit seiner geburt, höflichkeit und gutes benehmen ist für den ein fremdwort. wie seine kollegen es mit dem aushalten ist mir ein rätsel, wahrscheinlich arbeitet der irgendwo alleine im keller.
AntwortenLöschenDer Vadder von nem Kumpel war auch so drauf, da wars am besten wenn man nicht bemerkt wurde. Ich könnte so nicht leben, aber die leben in ihrer eigenen Welt, da merkt man halt nichts.
LöschenWenn ich so was sehe, erlebe oder lese, verfalle ich nach Verklingen der Fassungslosigkeit immer in eine Art Gebet: Oh Herr, mach, dass ich nicht so werde! Und weiß noch nicht mal, ob ich nicht vielleicht schon so bin. Hm *grübel*
AntwortenLöschenSollte ich später mal solche Anwandlungen haben, dann hoffe ich dass mir jemand so lange mit dem Klappspaten vor den Kopp haut bis ich wieder normal bin. Obwohl, normal? Auch doof *g*
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