Mittwoch, 4. Juli 2012
Ein Abend in der Tiki Bar
Manche Konzerte können einfach nur großartig werden, da weiß man schon vorher, dass selbst eine große Erwartungshaltung nicht schaden kann. Ein Mann wie John Hiatt, der in fast vierzig Jahren nicht nur Unmengen an fantastischen Songs geschrieben und mit Musikern wie Ry Cooder und Nick Lowe gespielt hat, die beide ganz oben in meiner ewigen Bestenliste stehen, der kann eigentlich nur großartige Konzerte geben.
Mitten in der Woche, natürlich. Daher bin ich auch sehr dankbar, dass mein Kollege mir diesen Abend ermöglicht, denn heute wird er garantiert nicht vor Mitternacht aus der Firma kommen. Dankbar kann ich auch sein, dass der Name John Hiatt in Deutschland nicht den Bekanntheitsgrad genießt der ihm eigentlich zustünde, denn sonst hätte es an der Abendkasse garantiert keine Karten mehr gegeben.
Im Vorprogramm eine junge Dame aus Blackpool, kennt jemand Blackpool? "Jo", ruft hinter mir ein Witzbold. "Sekkend Diwischn." Als sie auf die Bühne kommt fällt mir spontan der Titel Meine Ex(plodierte) Freundin von den Ärzten ein. Was für eine wagemutige Frisur, die bleibt auf jeden Fall im Gedächtnis. Stimmlich erinnert sie mich gewaltig an Joan Armatrading, aber ihre Phrasierung geht mir nach ein paar Titeln gehörig auf den Sender. Die Songs sind bis auf zwei Ausnahmen auch nicht so meins, nicht kompatibel.
Das restliche Publikum ist aber sehr angetan, der Beifall ermutigt sie, Werbung für ihre eigene Tournee zu machen, die demnächst ansteht. Und dann noch eine halbe Stunde die Beine in den Bauch stehen, das fällt mir langsam immer schwerer denk ich grad, da geht es los. Und flugs gehts mir wieder gut, endlich Bewegung. Begrenzt nur, weil es inzwischen doch recht voll geworden ist in den ersten Reihen, aber so ein bisschen rumzappeln ist seltsamerweise wesentlich angenehmer für mein kaputtes Knie als Stillstand.
Denn ich hab mich nicht getäuscht, es ist ein großartiges Konzert. Alte Hacke, wie der Pappenheimer zu sagen pflegt, aber großartige alte Hacke halt. Nicht zuletzt, weil der Herr Hiatt mit netten Anekdoten und Anmerkungen zu unterhalten weiß, ohne dabei die Musik zu vernachlässigen. Manche Leute können einfach mit Publikum gut umgehen, und das revanchiert sich entsprechend. Auf solchen Konzerten hab ich derbe viel Spaß, dazu richtige Könner auf der Bühne, das ist eine innere Jahreshauptversammlung. Für den Klampfer vom Hiatt lass ich jeden Bonamassa liegen, Riding With The King ist deutlich schärfer als das Cover von den Herren Clapton und B.B.King. Geht ja auch eigentlich um Elvis in dem Stück.
Zwei volle Stunden inklusive Zugabe, ein begeistertes und völlig durchgeschwitztes Publikum und eine erkennbar glückliche Band, der man anmerkt, dass sie ihren Spaß gehabt hat. Ein Best Of, bei dem natürlich Stücke wie Perfectly Good Guitar, Have A Little Faith In Me und Thing Called Love nicht fehlen dürfen, dazu ein paar vom neuen Album, da muss man zwangsläufig etwas vermissen in der Setlist.
Aber das hol ich problemlos nach, denn den Herrn Hiatt habe ich fast komplett im Schrank.
John Hiatt - Slow Turning/The Tiki Bar Is Open
hat die ihre explodierten haare gefärbt oder ist das die beleuchtung? und wer ist john hiatt? nie gehört den namen, muss man den kennen? *fg*
AntwortenLöschenDas explodierte Vogelnest war 100% schwarz, die Farbe kommt von den Scheinwerfern. Und zu deiner zweiten Frage: Wenn man Ry Cooder, Nick Lowe, Jim Keltner, Sonny Landreth oder Bonnie Raitt kennt, dann wird man auch John Hiatt kennen. Da Dir diese Namen höchstwahrscheinlich auch nichts sagen, nein, musst Du nicht. Das ist ein Problem vieler Menschen, die ihre musikalische Früherziehung nur durch Muttis Küchenradio genossen haben, weil das die einzige Quelle war.
LöschenZaphod du Glückskind, unterhaltsamer Abriss eines offensichtlichen tollen Abends. Da kriegt man Laune auf seine Musik. Werde mir gleich anschließend eine Scheibe von John Hiatt reinziehen.
AntwortenLöschenIch wusste gar nicht, dass Du Scheiben von John Hiatt hast, Du überrascht mich immer wieder.
LöschenIch hab grad mal nach Terminen geguckt, der spielt leider nicht in München. Aber in Rudolstadt gibt es ein nettes multikulturelles Folk Roots Festival, das ich im Auge behalten werde in den nächsten Jahren.
Ach, ist das auf dem ersten Photo die Vorsingerin?
AntwortenLöschenJa, Karima Francis heißt sie, der Name war mir gestern entfallen. Und es gab wie gesagt Leute die ziemlich begeistert waren: http://bit.ly/NmPISF
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