Samstag, 3. März 2012
Im Grapparadies
Wahrscheinlich wäre ich von alleine nicht auf den Gedanken gekommen, jemals nach Billbrook zu fahren. Dieser Stadtteil ist eine einzige Gewerbefläche, hauptsächlich belegt durch Speditionen. Außer Lagerhäusern und Sattelschleppern gibt es dort nichts zu sehen, aber es soll ja Leute geben die Ikea schon für eine Sehenswürdigkeit halten, die würden dort ebenfalls fündig.
Da Muddern aber verzweifelt auf der Suche nach italienischem Walderdbeerlikör war, nebenbei bemerkt ein wirklich leckeres Zeug wenn man auf Likör steht, hatte ich irgendwann einmal versprochen mit ihr dort hinzufahren, denn außer Ikea und Speditionen befindet sich dort eine Dependance des italienischen Großhändlers Andronaco, und wer, wenn nicht der, sollte dieses Zeug doch vorrätig haben.
Da freie Freitage ohnehin meist Einkäufen und ähnlichem vorbehalten sind hab ich die Gelegenheit heute mal ergriffen, nach dem Frühstück bei Muddern vorbei, eingeladen und ab. Den Geldautomaten hab ich mir gespart, wenn ich zu viel Scheine in der Tasche habe werd ich nur leichtsinnig.
Warum der in Billbrook residiert wird schnell klar, in diesen Ausmaßen sind Mieten in der Stadt wohl kaum bezahlbar. Brechend voll war schon der nicht gerade kleine Parkplatz, ebenso das vorgelagerte Bistro, das mich an anderen Tagen sicher gereizt hätte, aber da war auf den ersten Blick schon kein Platz zu finden.
Auf den ersten Blick auch kein Walderdbeerlikör, dafür Grappa in einer Menge und Vielfalt, dass einem gewissen Herrn im südwestfälischen Regenwald ganz warm ums Herz geworden wäre, hätte er das sehen können. Geradezu grapparadiesische Zustände, für jeden Geldbeutel, auch für den ganz großen. Wahrscheinlich ist dort jede halbwegs bekannte Brennerei Italiens vertreten, eine solche Auswahl kenne ich sonst nur bei schottischen Malts. Kann natürlich auch daran liegen, dass ich mich normalerweise mehr für Single Malt begeistere als für Grappa, auch wenn es durchaus interessante Tropfen gibt.
Was ich nicht erwartet habe war eine Frischetheke. Dafür muss man eine Nummer ziehen und warten, bis man aufgerufen wird, schließlich können Einkäufe im Großhandel auch mal länger dauern. Alsdann kann man sich durch eine Auswahl feinster Spezialitäten quälen, vom edlen Parmaschinken bis hin zu etlichen Sorten Pecorino und was es sonst noch an italienischen Käsesorten gibt.
Bei Parmaschinken und Parmesan darf das dritte italienische P natürlich nicht fehlen, Pasta. Pasta ohne Ende. Ich hab immer gedacht, ich kenn inzwischen alle Sorten, aber das war ein großer Irrtum. Jede nur denkbare geometrische Form gibt es auch als Hartweizennudel. Dazu selbstverständlich alle Arten von Pestos und Sugos, Hasen-, Reh- und Wildschweinbolognese, nichts ist unmöglich.
Eis? Klar. Von der Portionspackung im Sektglas bis zur Festtagseistorte. Antipasti von der gefüllten Olive bis zum Thunfischcarpaccio, Cantuccini und Amaretti für den Espresso danach, oder gleich den Espressokocher dazu, falls man noch keinen hat.
Ganz Italien auf ein paar hundert Quadratmetern, Billbrook hat tatsächlich eine Sehenswürdigkeit. Lohnt sich auch, wenn man keine Verwendung hat für ein ganzes Kilo Black Tiger Prawns oder Stockfisch. Manchmal tun es auch Kleinigkeiten wie sizilianische Zitronenkonfitüre, Erdbeeren in Balsamico oder eine anständige Flasche Rotwein oder Grappa.
Für den Parmaschinken fahr ich da ganz sicher mal wieder hin, spätestens wenn Muddern ihre Flasche Fragoli di Bosco ausgetrunken hat. Den hatten sie natürlich auch, etwas versteckt zwischen etwa zehn Sorten Limoncello und anderen Likörchen.
Heute morgen im Briefkasten, schon unterwegs im Player, und läuft jetzt immer noch, die großartige neue Scheibe von Bruce Springsteen - Wrecking Ball
dein Post kommt genau richtig: heute Abend gabs ein gemeinsames Kochen & Essen bei einem sizilianischen Bekannten. Lecker Menu, selbst die Klagen über einige "nicht-original-italienische" Zutaten tat dem Genuss keinen Abbruch...
AntwortenLöschenJetzt läuft in der Dunkelkammer: Fabrizio de André & Premiata Forneria Marconi - klasse DoLP von 1979
Hmm..., hm.., hmmmm...
AntwortenLöschenach nee, ich denke jetzt nicht an Grappa, nein.
Nicht.
Nicht Jetzt.
Und die neue Springstein Pladde ist, nebenbei bemerkt, die Ausgeburt der Schrecklichkeit.
Ganz grausam. Wie meistens. Vallah!
Gute Nacht ! ;)
Herr Ärmel, wenn wenigstens der Grappa original italienisch war wird das zu verschmerzen gewesen sein.
AntwortenLöschenPappenheimer, die Auswahl eines guten Grappas würde ich Dir jederzeit überlassen, Deinem musikalischen Urteil ist allerdings nur sehr eingeschränkt zu trauen. Das war mir allerdings vorher schon bewusst.
Hm. Das klingt wahrlich paradiesisch! Und der Pappenheimer hat ja keine Ahnung von Musik, möchte ich nebenbei mal bemerken
AntwortenLöschen150 Euro für eine Flasche Grappa o0? Wie bescheuert muss man sein?
AntwortenLöschenInch, mit arabischer Volksmusik kennt er sich ganz gut aus, danach wirds dann aber auch eng.
AntwortenLöschenHolzi, dafür muss man nicht bescheuert sein, es reicht ein etwas höheres Grundeinkommen und ein Faible für Grappa. Für den ultimativen Single Malt wäre ich unter Umständen auch bereit so tief in die Tasche zu greifen, allerdings nicht ohne vorheriges Tasting, das lässt mein Grundeinkommen leider nicht zu.